Urteil gegen ruandischen Pastor bestätigt

Arusha/Tansania | 28.01.2005 | APD | International

Die Berufungskammer des Internationalen Gerichtshofes der Vereinten Nationen zur Aufarbeitung des Völkermordes in Ruanda (ICTR) hat in Arusha/Tansania die Urteile der Vorinstanz gegen den früheren Präsidenten der Siebenten-Tags-Adventisten im Süden Ruandas und ehemaligen Pastor, Elizaphan Ntakirutimana (80), sowie dessen Sohn Gérard (46), der als leitender Arzt am adventistischen Krankenhaus in Mugonero tätig war, bestätigt. Der Geistliche war im Februar 2003 wegen Beihilfe und Begünstigung zum Völkermord zu zehn Jahren Haft und der Mediziner wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren verurteilt worden.

Der Angeklagte und sein Sohn waren für schuldig befunden worden, Tutsis, die in der Präfektur Kibuye auf dem Gelände des adventistischen Mongonero-Krankenhauses und in der Gegend von Bisesero Schutz suchten, den Gendarmen und Interahamwe-Milizen ausgeliefert zu haben. Dabei seien Hunderte von Männern, Frauen und Kindern, darunter auch zahlreiche Siebenten-Tags-Adventisten, getötet worden. Während das Gericht Elizaphan Ntakirutimana bescheinigte, dass er selbst keinen Menschen ermordet habe, sah das Tribunal es als erwiesen an, dass sein Sohn Gérard zwei Menschen, darunter den Buchhalter des Krankenhauses, Charles Ukobizaba, umgebracht und auch auf andere Flüchtlinge geschossen habe. Die Richter beschrieben die beiden Angeklagten vor ihrer Tat als religiöse, tolerante Menschen, bei denen keinerlei Feindlichkeit gegenüber anderen ethnischen Gruppen erkennbar gewesen sei. Die fünf Richter der Berufungskammer unter Vorsitz von Theodor Meron aus den USA hatten keine Zweifel an der Schuld der Verurteilten.

Der ruandische Staatsbürger und zum Hutu-Volk gehörende Elizaphan Ntakirutimana verbrachte seinen Ruhestand seit 1994 in der Nähe von Laredo/Texas. 1996 wurde er vom UN-Gerichtshof angeklagt, im September desselben Jahres verhaftet, aber nach Einlegung von Rechtsmitteln wieder freigelassen. Im Februar 1998 erfolgte seine erneute Verhaftung und im März 2000 wurde er von den Vereinigten Staaten ausgeliefert, um sich in Tansania vor Gericht zu verantworten. Während des Genozids in Ruanda war der Verurteilte Präsident der Südruanda Mission der Adventisten. Dr. Gérard Ntakirutimana wurde im Jahr 2000 im westafrikanischen Staat Elfenbeinküste verhaftet und ebenfalls an das UN-Tribunal in Arusha/Tansania überantwortet.

Dem Völkermord in Ruanda sind von April bis Oktober 1994 zwischen 800 000 und einer Million Tutsis sowie oppositioneller Hutus zum Opfer gefallen. Auch 225 adventistische Pastoren und etwa 10 000 Gemeindeglieder kamen während des Genozids ums Leben. Im März 1998 führte die Freikirche zahlreiche Versöhnungskonferenzen durch, die den offenen Dialog und das Vertrauen zwischen den rivalisierenden Stämmen fördern sollten. Der adventistische Minister Esdras Mpyisi, Berater des früheren ruandischen Königs, leitete Gespräche, in denen die verfeindeten Gruppen vereinbarten, künftig tolerant und in gutem Einvernehmen zusammen zu arbeiten. In Ruanda leben über 360 000 erwachsen getaufte Siebenten-Tags-Adventisten in 1 263 Gemeinden. Die Freikirche unterhält dort eine Universität, zwei höhere Schulen, eine Krankenpflegeschule, 39 Grundschulen, ein Krankenhaus, neun Kliniken und ein Medienzentrum mit Studios für Radio- und Fernsehproduktionen.

Elizaphan Ntakirutimana ist der zweite Geistliche, der von dem Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen zur Aufarbeitung des Völkermordes in Ruanda (ICTR) verurteilt wurde. Bereits im September 1998 erhielt ein römisch-katholischer Priester in Arusha/Tansania vier Jahre Haft wegen Völkermordes. Vor dem Tribunal hat sich gegenwärtig der katholische Priester Athanase Seromba (41) zu verantworten. Er war während des Genozids in Kivumu/Westruanda als Geistlicher tätig, wo in seiner Kirche etwa 2 000 Tutsis ermordet wurden. Ihre Prozesse erwarten der frühere Rektor des katholischen Christ-Roi College, Hormisdas Nsengimana, und der ehemalige katholische Militärpfarrer Emmanuel Rukundo. Der frühere anglikanische Bischof der Diözese Shyogwe in der zentralruandischen Provinz Gitarama, Samuel Musyabimana, starb am 24. Januar 2003 im Gewahrsam des ICTR, bevor sein Prozess beginnen konnte.

In Belgien wurden im Jahr 2001 die beiden ruandischen Benediktinerinnen Julienne Mukabutera und Consolata Mukangango zu zwölf beziehungsweise 15 Jahren Gefängnis wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. In Frankreich wird gegen den katholischen Priester Wenceslas Munyeshyaka wegen des Genozids an der St. Famille Kirche in Kigali ermittelt. Bereits 1998 wurden die katholischen Priester Jean Francois Kayiranga und Edouard Nkurikiye von einem Kriegsverbrechertribunal in Kibuye/Ruanda wegen Beteiligung am Völkermord zum Tode verurteilt.

Von den 8,1 Millionen Einwohnern des zentralafrikanischen Landes sind 56 Prozent römisch-katholisch, 37 Prozent evangelisch (einschliesslich Anglikaner und Adventisten), fünf Prozent Muslime und zwei Prozent konfessionslos.

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