"Im Dienst der einen Kirche" von Heinz Schütte (Herausgeber)

| 28.01.2005 | APD | Buchrezensionen

Heinz Schütte (Hg.): "Im Dienst der einen Kirche". Ökumenische Überlegungen zur Reform des Papstamts. Koproduktion Bonifatius Druck Buch Verlag, Paderborn und Verlag Otto Lembeck, Frankfurt am Main. 2000. Gebunden. 232 Seiten. CHF 37.00. EURO 20.40. ISBN 3-89710-126-2 (Bonifatius)/ISBN 3-87476-364-1 (Lembeck). Erhältlich im Buchhandel.

Das Papstamt, das aus römisch-katholischer Sicht der Einheit dienen soll, ist leider ihr wohl grösstes Hindernis. Seit dem 11. Jahrhundert erkennen die orthodoxen Kirchen den römischen Jurisdiktionsprimat nicht an. Die Kirchen der Reformation lehnen seit dem 16. Jahrhundert den Papst als massgebliche Instanz für den Glauben ab. Die Ablehnung der Unfehlbarkeit des Papstes (Infallibilität) und der uneingeschränkten Gesetzgebungsgewalt des Papstes (Jurisdiktionsprimat) führte nach dem 1. Vatikanischen Konzil (1870) zur Entstehung der Alt-Katholischen Kirche.

Mit einem "Paukenschlag aus Rom" hatte Papst Johannes Paul II. im Jahre 1995 in seiner Enzyklika "Et unum sint" einen "brüderlichen und geduldigen Dialog" über Formen seines Dienstes angeboten, "in denen dieser Dienst einen von den einen und den anderen anerkannten Dienst der Liebe zu verwirklichen mag". Der katholische Theologe Heinz Schütte hat sein Buch "Im Dienst der einen Kirche" mit ökumenischen Überlegungen zur Reform des Papstamtes zwar schon vor über vier Jahren vorgelegt. Die Frage nach der Bedeutung des Papstamtes als ein zentraler Streitpunkt zwischen den Konfessionen ist heute hoch aktueller. Schütte erläutert im ersten Beitrag das katholische Verständnis des Dienstamtes der Einheit und versucht eine ökumenische Interpretation der päpstlichen Dogmen. Dabei knüpft er seine Gedanken auch an Aussagen Ratzingers, Rom müsse vom Osten nicht mehr an Primatslehre fordern, als auch im ersten Jahrtausend formuliert und gelebt wurde. Der katholische Theologe Franz Georg Untergassmair befasst sich mit neutestamentlichen Grundlagen zur Rolle von Petrus. Eine geschichtlich-theologische Synthese über das Verhältnis von Primat und Episkopat im ersten Jahrhundert zeichnet der katholische Dogmatiker Stephan Otto Horn. Mit dem "Papst und (der) Kirchenstruktur in den lutherischen Bekenntnisschriften" setzt sich der lutherische Systematiker Horst Georg Pöhlmann im vierten Beitrag auseinander. Pöhlmann hält im Zusammenhang mit der bischöflichen Sukzession (successio apostolica) fest: "Das historische Bischofsamt und die Sukzession kann nur als Ordnung menschlichen Rechts akzeptiert werden, nicht als Ordnung göttlichen Rechts, nur als geschichtlich entstandene Ordnung, die sich aus dem einen biblischen Amt herausentwickelt hat, nicht als Ordnung, die in der Bibel angeordnet wurde". Wie schon die Theologen Oscar Cullmann und Lukas Vischer vor ihm macht auch Pöhlmann deutlich: "Weder ein Jurisdiktionsprimat und ein unfehlbarer Lehrprimat noch auch nur ein Ehrenprimat kann aus dem Neuen Testament nachgewiesen werden, ebenso wenig ein spezifischer Petrusdienst des neutestamentlichen Petrus... Ebenso wenig lässt sich im Neuen Testament und in der frühen Kirchengeschichte nachweisen, dass der Bischof von Rom Nachfolger des Petrus war, der als Apostel und Urzeuge ein einmaliges, unübertragbares Amt hatte."

Der lutherische Ökumeniker Harding Meyer geht in seinem ersten Beitrag auf das Papsttum bei Luther ein und beleuchtet dabei auch den Antichrist-Vorwurf des Reformators. Der zweite Aufsatz von Meyer erläutert die Frage nach dem päpstlichen Primat im katholisch-lutherischen Dialog. Unter dem Titel "Mit dem Papst über das Papsttum sprechen" befasst sich der Jesuit Hans Waldenfels mit der Reformfähigkeit des Papstamtes. Mit evangelischen Erwartungen befasst sich der evangelische Theologe Ulrich Kühn, falls die Klärung der Papstfrage im Sinne eines gesamtkirchlichen Petrusdienstes anstehen sollte. In seinem Beitrag "Evangelische Überlegungen zum Petrusdienst des römischen Bischofs" weist der lutherische Theologe Wolfhart Pannenberg darauf hin, dass das Thema Papsttum evangelischen Christen und Theologen unbehaglich sei und stellt fest: "Man würde am liebsten die Ökumene ohne den Papst haben." Pannenberg macht im Zusammenhang mit einem universalkirchlichen Petrusdienst deutlich, dass sich eine Verbindung mit den Bischöfen der Kirche Roms nicht von Petrus ableiten lasse, insbesondere nicht aus dem Felsenwort Jesu an Petrus in Mt 16,18. "Das Felsenwort an Petrus (Mt 16,18) richtet sich unmittelbar nur an Petrus. Es betrifft seine Person und seinen Glauben." Für eine ökumenische Verständigung sei die katholische Versteifung auf eine alte Exegese von Mt. 1,618 nur hinderlich. Die Geschichte des Primats in den ersten Jahrhunderten zeige, dass die Berufung auf Mt. 16,17-19 "im Grunde der nachträglichen Legimitation eines Führungsanspruchs" gedient habe. Abgeschlossen wird das Buch mit Gedanken des katholischen Dogmatikers Peter Hünermann zu einem "neuen Paradigma des Petrusdienstes". Heinz Schütte fasst in einer Art "Nachwort" seine Überlegungen zum "Petrusamt in ökumenischer Perspektive" zusammen. Diese thesenhaften Erwägungen Schüttes wurden zwar mit den Mitverfassern des Buches abgestimmt, diese machen sich jedoch nicht jede Einzelaussage Schüttes zu eigen.

Die von Schütte ausgewählten Beiträge römisch-katholischer und protestantischer Theologen zur möglichen Reform des Papstamtes zeichnen sich durch eine offene und freimütige Darstellung aus. Das Papsttum bleibt ökumenisch gesehen ein Zeichen des Widerspruchs und ein Grund zur Spaltung. Geht man von der römisch-katholischen Position aus, dass es auf eine bessere Darstellung des katholischen Glaubens "auf eine Weise und in einer Sprache, die auch von den getrennten Brüdern wirklich verstanden werde ankomme, "wobei die Lehre nicht angetastet werden dürfe," dann darf man auf kommende ökumenische Zukunftsvisionen gespannt sein.
Christian B. Schäffler

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