Prof. Thomas Schirrmacher während der Gastvorlesung in Tirana/Albanien © Foto: BQ / UNYT

Extreme Ziele von Fundamentalisten nicht als rhetorische Übertreibungen abtun

Bonn/Deutschland | 01.04.2015 | APD | International

Der Präsident der International Society for Human Rights und Botschafter für Menschenrechte der Weltweiten Evangelischen Allianz WEA hat, laut Bonner Querschnitte, Anfang März eine Gastvorlesung an der „University of New York Tirana“, der ersten Privatuniversität in Albanien, gehalten. Dabei habe er die als unrealistisch erscheinenden Ziele von Nationalsozialisten, wie die Auslöschung der Juden, mit jenen der hindu-nationalistischen Partei in Indien, Rückbekehrung von Muslims und Christen zum Hinduismus sowie den Zielen von Islamisten, Vertreibung aller Christen aus dem Nahen Osten, in Beziehung gesetzt und davor gewarnt, diese als rhetorische Übertreibungen abzutun.

Nationalsozialismus
In seiner Vorlesung „Nazism as a political religion“ (Nationalsozialismus – eine politische Religion) nahm Schirrmacher den Aufstieg des Nationalsozialismus als Beispiel dafür, dass viele Politiker die absurden Ziele von Fundamentalisten irrigerweise nicht ernst nähmen, sondern für rhetorische Übertreibung hielten. Noch 1933 habe Theodor Heuss, später erster Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, ein mutiges Buch gegen den Nationalsozialismus veröffentlicht, in dem er aber auf Ziele wie die Auslöschung der Juden oder die Unterwerfung der Sowjetunion als deutsche Kolonie und „Lebensraum im Osten“ sowie deren Bewohner als „Untermenschen“ nicht näher einging, weil er sie für absurd und sowieso nicht umsetzbar hielt.

Rechtskonservative, hindu-nationalistische Bharatiya Janata Party
Wenn etwa der neue indische Ministerpräsident Narendra Modi der Bharatiya Janata Party BJP angehöre, einer Bewegung, die behauptet, Indien gehöre allein den Hindus und alle Muslime sowie Christen seien zwangsbekehrte Hindus, die zurückbekehrt werden müssten, nähmen das derzeit viele nicht ernst. Dabei spürten religiöse Minderheiten im ganzen Land, wie sich die Stimmung ihnen gegenüber verschlechtere und wie Gewalt von fundamentalistischen Hindus gegen Andersdenkende zunehme. Zudem würden in abgelegenen Dörfern immer häufiger Zwangsbekehrungszeremonien zum Hinduismus an Muslimen und Christen vollzogen. Wie im Falle des türkischen Staatspräsidenten, Recep Tayyip Erdogan, würden wahrscheinlich auch bald bei Modi die Medien in ein paar Jahren erstaunt fragen, wie es nur so weit kommen konnte. Und das, obwohl die dahinter stehende Ideologie und Bewegung Modis bereits 90 Jahre alt sei und seit Jahrzehnten durch die Rashtriya Swayamsevak Sangh RSS, eine radikal-hinduistische Kaderorganisation, der Modi angehöre, Gewalt auf die Strasse trage. Modi sei immerhin als Gouverneur des indischen Bundesstaates Gujarat 2002 in die Unruhen von Hindus gegen Muslime, mit 1000 bis 2000 Toten, involviert gewesen, so Schirrmacher.

Islamisten
Das Ziel der Islamisten, das Christentum aus dem Nahen Osten zu entfernen, habe niemand ernst genommen bevor die – von Experten als Folge des Golfkrieges angekündigte – gewaltsame Massenvertreibung von Christen im Irak begonnen habe. Es sei gesagt worden, dass eine Vertreibung in Ländern mit Hunderttausenden oder gar Millionen von Christen gar nicht möglich sei. Dann sei es zur Vertreibung im Irak gekommen, gefolgt von der Tragödie in Syrien. „In Ägypten sind wir gerade noch eben so an einer Massenvertreibung oder -auswanderung von koptischen Christen vorbeigeschrammt“, so der Religionssoziologe.

Der Gastvorlesung war ein Empfang beim Präsidenten von Albanien, ein Empfang beim Oberbürgermeister von Tirana und ein Empfang bei der Universitätsleitung vorausgegangen. Ausserdem traf Schirrmacher das Oberhaupt der Albanisch-Orthodoxen Kirche, Erzbischof Anastasios, den katholischen Nuntius, Erzbischof Ramiro Moliner Inglés, und den Generalsekretär der Evangelischen Allianz Albanien, Pfarrer Akil Pano.

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