Menschenrechtsbericht der Vereinigung Protestantischer Kirchen in der Türkei © Cover: IIRF Bulletin 2015/1

Auch nach acht Jahren noch kein Urteil im Malatya-Mordprozess

Bonn/Deutschland | 21.04.2015 | APD | Menschenrechte

Am 18. April 2007 wurden die drei evangelischen Christen Tilman Geske, Ugur Yüksel und Necati Aydin im osttürkischen Malatya ermordet. Auch wenn die fünf mutmasslichen Mörder noch am Tatort von der Polizei festgenommen werden konnten, ist bis heute kein Urteil gefällt worden. Seit etwa einem Jahr sind die fünf jungen Männer nicht mehr in Haft, sondern mit elektronischen Fussfesseln versehen in Hausarrest, nachdem die maximale Zeit für eine Untersuchungshaft überschritten war.

Nach dem 103. Verhandlungstag im Malatya-Mordprozess äusserte die Witwe Susanne Geske, laut dem „Bonner Querschnitt“ (BQ), dass sie in dieser Welt nicht mehr mit Gerechtigkeit rechne. Sie mache sich wegen der fünf aus der Untersuchungshaft entlassenen Hauptverdächtigen Sorgen, sodass ihre Kinder immer wieder Angst hätten, wenn ein neuer Verhandlungstag anstehe.

Im Laufe der Jahre seien auf Drängen der Anwälte der Hinterbliebenen etliche mutmassliche Hintermänner der Tat festgenommen und angeklagt worden, so BQ. Aber auch in allen diesen Fällen zögen sich die Verhandlungen hin und ein Ende wäre nicht in Sicht. Erschwerend komme jetzt eine mögliche Verwicklung dieser Angeklagten in eine Verschwörung gegen den türkischen Staat hinzu, nachdem die türkische Regierung der Gülen-Bewegung vorwerfe, Prozesse manipuliert zu haben. Deshalb würden die der Mithilfe an den Malayta-Morden Beschuldigten mit der Behauptung auftreten, auch in ihrem Fall sei alles nur manipuliert worden. Daher werde wohl die ganze Wahrheit nicht ans Licht kommen, äusserte ein protestantischer Pastor skeptisch gegenüber BQ. Der nächste, 104. Prozesstag ist für den 6. Mai angesetzt.

Bericht über Menschenrechtsverletzungen jetzt auch in deutscher Übersetzung
Die Lage der Christen und Kirchen in der Türkei sei nach wie vor vielfach problematisch, teilte der „Bonner Querschnitt“ mit. Neben einzelnen positiven Aspekten hätte es auch im Jahr 2014 wieder eine ganze Reihe von Menschenrechtsverletzungen gegen Christen sowie Kirchen und christliche Gemeinden gegeben. Deshalb habe das „Internationale Institut für Religionsfreiheit“ (IIRF) der Weltweiten Evangelischen Allianz auch den jüngsten Bericht von 2014 über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei in deutscher Übersetzung veröffentlicht. Er stammt von der Vereinigung Protestantischer Kirchen, die sich als Türkische Evangelische Allianz versteht. Das IIRF-Bulletin ist im Internet zu finden unter: http://tinyurl.com/mlxq92u

Christen in der Türkei eine kleine Minderheit
Von den 77,7 Millionen Einwohnern in der Türkei gehören nach offiziellen Statistiken fast 99 Prozent zu den Muslimen. Davon sind etwa 80 bis 85 Prozent Sunniten, die restlichen Aleviten sowie eine kleine Anzahl Jesiden und Alawiten. Die Zahl der Christen in der Türkei wird auf höchstens 120.000 geschätzt, die hauptsächlich armenisch-apostolisch, römisch-katholisch und syrisch-orthodox sind. Die Protestanten unterhalten in der Türkei etwa 60 kleinere Kirchengemeinden. Darunter befinden sich auch die Siebenten-Tags-Adventisten, die bereits seit 1889 im Land vertreten sind. Heute gibt es in Istanbul und Izmir jeweils eine adventistische Gemeinde mit insgesamt etwa 100 erwachsen getauften Mitgliedern.

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