Gabriele Stangl, adventistische Pastorin bei einer Predigt © Foto: Matthias Müller/churchphoto.de

Adventistische Kirchenleitung in Nord- und Ostdeutschland veröffentlicht Grundsatzentscheidung zur Frauenordination

Hannover/Deutschland | 16.08.2016 | APD | International

Die überregionale Kirchenleitung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Nord- und Ostdeutschland (Norddeutscher Verband NDV) hat eine Stellungnahme zur Ordination von Frauen zum Dienst als Pastorin veröffentlicht. Zukünftig im Bereich des Norddeutschen Verbands durchgeführte Beauftragungen/“Ordinationen“ könnten demnach in der Kirche der Adventisten keine weltweite Geltung mehr beanspruchen, sondern seien in Deutschland, also auf das Gebiet des Nord- und Süddeutschen Verbands (SDV) beschränkt. Die bisherige Form der Segnung von Pastorinnen wird nun im Norddeutschen Verband in gleicher Weise auch den männlichen Kollegen zugesprochen und zukünftig auf deren Ordination für den weltweiten Dienst verzichtet. Der Süddeutsche Verband führt die bisherige Praxis weiter, wonach auch in Zukunft ausschliesslich Männer als Pastoren für den weltweiten Dienst ordiniert werden.

In einer Grundsatzentscheidung, die vom adventistischen Kirchenleitungsgremium des Norddeutschen Verbands (NDV-Verbandsausschuss) bereits im Juni beschlossen und nun veröffentlicht wurde, wird „Ordination“ nicht wie bisher als weltweit gültige Einsegnung verstanden, sondern als Beauftragung/“Ordination“ („beauftragen“, engl. „commission“) und auf das Gebiet der deutschen Kirchenleitung beschränkt. Daher werde diese Form der Beauftragung/“Ordination“ in Nord- und Ostdeutschland ohne Unterschied sowohl Männern als auch Frauen im Pastorendienst zugesprochen.

Wörtlich heisst es in der Stellungnahme: „Der NDV bekennt sich zur biblischen Praxis der Handauflegung mit Segensgebet als sichtbarem Zeichen der Kirche, seine Pastoren und Pastorinnen zum hauptamtlichen Dienst in den Gemeinden zu beauftragen. In diesem Sinn spricht der NDV von ‚Ordination‘.“ Diese „wird Männern und Frauen ohne Unterschied zugesprochen und gilt nur im Gebiet des NDV/SDV, da unsere Gremien nur für diesen Bereich entscheiden können“.

Die Kirchenleitung des Norddeutschen Verbands möchte dadurch der bereits bestehenden Beschlusslage auf ihrem Gebiet Rechnung tragen, ohne formal gegen die weltweit gültigen Richtlinien (Working Policy) der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) zu verstossen. Die Stellungnahme des Norddeutschen Verbands zur Ordination von Frauen zum Dienst als Pastorin ist in deutscher und englischer Sprache einsehbar unter:
www.adventisten.de/organisation/norddeutscher-verband/dokumente

Adventistische Weltsynode lehnte Ordination von Pastorinnen 2015 erneut ab
Am 8. Juli 2015 hatten es die rund 2.300 Delegierten der adventistischen Weltsynode (Generalkonferenz-Vollversammlung) in San Antonio, Texas/USA, als oberstes Gremium der Freikirche mit rund 40 zu 60 Prozent abgelehnt, den weltweit dreizehn teilkontinentalen Kirchenleitungen (Divisionen) die Kompetenz zu erteilen, adventistische Pastorinnen in ihrem Verwaltungsgebiet zum Pastorendienst zu ordinieren.

Frauen können nach ihrem Theologiestudium in der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten zwar als Pastorin „gesegnet” werden und damit fast alle Amtshandlungen, wie Taufe, Abendmahl, Trauung und Beerdigung, vornehmen; doch ordiniert werden nur männliche Geistliche. Damit ist Pastorinnen grundsätzlich auch das Amt des Präsidenten („Vorsteher“) einer regionalen oder überregionalen Freikirchenleitung verwehrt, das eine Ordination erfordert. Die aktuelle Stellungnahme des Norddeutschen Verbands öffnet nun auch dieses Amt für Frauen, sieht dafür aber eine erneute Ordination vor: „Die Wahl eines Pastors oder einer Pastorin in den leitenden Dienst als Vorsteher/in wird durch eine erneute Beauftragung/‚Ordination‘ vollzogen.“

Deutsche Freikirchenleitung für Frauen als vollbeauftragte Pastorinnen
Die Vorstände des Nord- und Süddeutschen Verbandes der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten hatten bereits in einer Stellungnahme vom 14. Juli 2015 die Entscheidung in San Antonio zur Frauenordination bedauert. In ihrer Stellungnahme hiess es: „Eine positive Antwort wäre aus unserer Sicht angemessen und überfällig gewesen und hätte dem mutigen (Pionier-)Geist der Adventbewegung besser entsprochen.“ Während die Vorstände den Willen der Mehrheit der Vollversammlung respektierten, würden sie jedoch entschieden jeder Form der Diskriminierung von Frauen entgegentreten. „Wir glauben, dass Männer wie Frauen mit denselben Gaben ausgestattet werden, die für den Dienst als Pastor/Pastorin erforderlich sind. Deshalb werden wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Frauen als vollbeauftragte Pastorinnen in unseren Gemeinden einzusetzen“, so die Vorstände.

Beschluss des Norddeutschen Verbands von 2012
Am 23. April 2012 hatte die überregionale Kirchenleitung der Adventisten in Nord- und Ostdeutschland mehrheitlich beschlossen, dass innerhalb des NDV auch Pastorinnen wie ihre männlichen Kollegen ordiniert werden können. Dieses Votum entsprach nicht der Beschlusslage der Weltkirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten, wurde bisher allerdings noch nicht umgesetzt.

Der Süddeutsche Verband (SDV) hatte 2012 keinen Beschluss zur Ordination von Frauen gefasst. Er praktiziert aber ebenfalls die „Segnung“ von Pastorinnen in Übereinstimmung mit der Weltkirchenleitung (Generalkonferenz). Deshalb dürfen von den Kirchenleitungen im Norddeutschen Verband „gesegnete“ Geistliche, sowohl Männer wie Frauen, auch im Gebiet des Süddeutsche Verband tätig sein. Im SDV werden auch weiterhin nur Männer als Pastoren für den weltweiten Dienst ordiniert.

Unterschiedliche Reaktionen auf Entscheidung der adventistischen Weltsynode 2015
Nach der Entscheidung der adventistischen Weltsynode 2015 zur Kompetenzregelung bezüglich der Frauenordination reagierten die überregionalen adventistischen Kirchenleitungen (Unionen) in Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Schweden, der Slowakei, Tschechien und in den USA auf unterschiedliche Weise.

Norwegen
Am 20. September 2015 beschloss der Exekutivausschuss der nationalen, adventistischen Kirchenleitung in Norwegen (NORUC), künftig keine Pastoren mehr zu ordinieren. Sowohl Pastoren als auch Pastorinnen sollen mit einem Fürbittgebet in den vollen Pastorendienst eingeführt werden.

Dänemark
Der Exekutivausschuss der Adventisten in Dänemark (DUChC) beschloss auch am 20. September 2015, dass nach Abschluss der Pastoralassistenzzeit ausschliesslich der Begriff „Pastor/Pastorin“, ohne die Bezeichnung „ordiniert“ oder „gesegnet“, gleichermassen für Männer und Frauen verwendet werden soll.

Niederlande
Adventisten in den Niederlanden wollen Frauen auch in Zukunft ordinieren. In einer Erklärung nach dem Beschluss der Weltsynode hält die niederländische Kirchenleitung fest: „Die Delegierten der adventistischen Kirchgemeinden in den Niederlanden haben im Herbst 2012 beschlossen, Frauen in gleicher Weise wie ihre männlichen Kollegen zum Pastorendienst zu ordinieren. Dieser Beschluss trat im Juni 2013 in Kraft und bleibt es weiterhin. Die Entscheidung der Generalkonferenz-Vollversammlung von San Antonio ändert daran nichts.“

Italien
Die Kirchenleitung der Adventisten in Italien (UICCA) hat am 16. September 2015 „ein respektvolles, aber starkes Zeichen des Dissenses und des Protests“ gegenüber der Entscheidung der adventistischen Weltsynode 2015 (Generalkonferenz-Vollversammlung) zur Frauenordination veröffentlicht und geeignete administrative Massnahmen angekündigt.

Frankreich und Belgien
Der Exekutivausschuss der Siebenten-Tags-Adventisten in Frankreich und Belgien (Union Franco-Belge, UFB) stimmte am 11. November 2015 in Paris einer Erklärung zu, die einen allmählichen Gesinnungswandel anstossen will, um künftig die geschlechtsunabhängige Ordination zum Pastorendienst zu ermöglichen. Die Kirchenleitung will auch die notwendigen Voraussetzungen schaffen, damit adventistische Pastorinnen dasselbe Gehalt wie ihre männlichen, ordinierten Kollegen beziehen.

Slowakei und Tschechien
Der Exekutivausschuss der adventistischen Kirchenleitung für Tschechien und die Slowakei (Církev adventistu sedmého dne Cesko-Slovenská unie) verabschiedete am 11. November 2015 eine Erklärung welche den Beschluss der adventistischen Weltsynode vom Juli 2015 zur Frauenordination bedauert. Der Beschluss der Generalkonferenz-Vollversammlung basiere auf kirchlicher Autorität, stehe aber nicht in Übereinstimmung mit dem biblischen Befund sowie im Widerspruch zu Artikel 14 der adventistischen Glaubensüberzeugungen, der betont, dass „Unterschiede zwischen Mann und Frau … unter uns nicht trennend wirken“ dürften. Deshalb würden Frauen ermutigt, sich auch im Pastorendienst zu engagieren.

Schweden
Am 13. März 2016 hat der Exekutivausschuss der adventistischen Kirchenleitung (Sjundedags Adventistsamfundet) in Schweden beschlossen, keine Ordinationen zum Pastorendienst mehr durchzuführen. Damit sollen Männer und Frauen im Pastorendienst gleich behandelt werden.

Schweiz
Am 19. Mai 2016 hat der Exekutivausschuss der adventistischen Kirchenleitung in der Schweiz (Schweizer Union / Union Suisse) beschlossen, dass Frauen, die als voll beauftragte Pastorinnen ("commissioned Minister") im Gebiet der Schweizer Union tätig sind, auch das Abendmahl leiten sowie Taufen und Hochzeiten durchführen dürfen. Die Entlöhnung ist geschlechtsunabhängig gestaltet und wie bei Pastoren von der übernommenen Verantwortung abhängig.

USA
In den USA haben im Oktober 2015 neun Theologieprofessoren der renommierten adventistischen Andrews-Universität in Berrien Springs, Michigan, die gleichzeitig ordinierte Pastoren waren, als Reaktion auf den ablehnenden Beschluss der Weltsynode ihre Ordinationsurkunden zurückgegeben. Sie baten, für sie Legitimationen als „gesegnete/beauftragte“ Pastoren, wie für adventistische Pastorinnen, auszustellen.

In den USA wurden im Gebiet der überregionalen Kirchenleitungen der Columbia Union Conference im Osten und der Pacific Union Conference im Westen der USA bereits vor der Generalkonferenz-Vollversammlung von 2015 Frauen als Pastorinnen ordiniert. Diese Ordinationen wurden bisher nicht zurückgenommen.

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