Bundesrat Alain Berset, Herbert Winter, SIG-Präsident, Jean-Marc Brunschwig, PLJS-Co-Präsident (v.l.) © Foto: Herbert Bodenmann/APD Schweiz

«Wenn es Anderen gut geht, geht es auch uns gut. Das ist die wahre Schweizer Zauberformel» - «Dialogpreis Schweizer Juden»

Bern und Zürich/Schweiz | 29.05.2018 | APD | Schweiz

Mit einem Festakt im «Bierhübeli» in Bern wurde am 29. Mai vor rund 300 Gästen der erste «Dialogpreis Schweizer Juden» vergeben. Gewinner des Preises, der vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) und der Plattform der Liberalen Juden der Schweiz (PLJS) erstmals vergeben wurde, sind der Imam Muris Begovic und der Rabbiner Noam Hertig aus der Deutschschweiz, sowie der protestantische Diakon Maurice Gardiol und der jüdische Vorbeter Eric Ackermann aus der Westschweiz.

«Wir leben in paradoxen Zeiten», sagte Bundespräsident Alain Berset in seiner Festrede vor rund 300 Gästen. Einerseits hätten die Menschen die Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und über Grenzen hinweg auszutauschen. Andererseits würden insbesondere über Soziale Medien Gerüchte und Unwahrheiten gestreut, sodass sich Intoleranz, Fremdenhass und Antisemitismus weiter ausbreiten würden. «Wir dürfen nicht aufhören, die Aufklärung weiterzuführen» sagte Berset. Die Schweiz sei «zum Glück eines der kompliziertesten Länder der Welt» und ein Land der Minoritäten. Es fehlten alle gängigen Attribute einer Nation, wie eine gemeinsame Sprache, Religion etc. Jede Aggression gegenüber einer Minderheit sei auch ein Angriff auf die Nation, so der Bundesrat. Es gehe darum, einander mit Respekt zu begegnen und nicht nur mit Toleranz, die etwas Paternalistisches an sich habe. «Wenn es den Anderen gut geht, geht es uns auch gut. Das ist die wahre Schweizer Zauberformel», so Alain Berset.

Dialogpreis für Zürcher Rabbiner Noam Hertig und Imam Muris Begovic aus Schlieren
Wie wichtig der Austausch ist, betonte auch Herbert Winter, Präsident des SIG: «Wir wollen den Zusammenhalt stärken und sind überzeugt, dass der Dialog ein Weg ist, um dies zu erreichen. Der Dialog ist nötig und unverzichtbar, damit Menschen mit unterschiedlichsten Lebensentwürfen zusammenfinden.» Dabei müsse auch Trennendes zur Sprache kommen um Andersdenkende verstehen zu können, ohne dass man deren Auffassung teilen müsse, so Winter.

FDP-Nationalrat Beat Walti, Co-Präsident der Parlamentarischen Gruppe gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, hielt die Laudatio für die Preisträger, den Rabbiner der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ), Noam Hertig und den Imam Muris Begovic aus Schlieren. Die beiden Preisträger fördern seit Jahren den Dialog und Austausch zwischen Juden und Muslimen. Die beiden leiteten auch die erste jüdisch-muslimische Dialogveranstaltung von SIG/PLJS und den muslimischen Dachverbänden «Koordination Islamischer Organisationen Schweiz» (KIOS) und der «Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz» (FIDS).

Für die Westschweiz erhielten der protestantische Diakon Maurice Gardiol und der jüdische Vorbeter Eric Ackermann den Dialogpreis, dies für ihre Arbeit in der interreligiösen Plattform Genf. Im Namen der Schweizer Jüdinnen und Juden gratulierte Jean-Marc Brunschwig, Co-Präsident der Plattform der Liberalen Juden der Schweiz (PLJS), den Preisträgern.

Der Dialogpreis ist mit zweimal 10.000 Franken dotiert und wird für ein gemeinsames Dialogprojekt eingesetzt werden. Beat Walti: «Dieser Dialogpreis ist nicht ein Preis unter vielen. Für mich ist es der richtige und wichtige Preis in einer Zeit, in der Fremdenfeindlichkeit schwelt und Antisemitismus wieder auflodert».

Likrat – Vorzeigeprojekt in Sachen Dialog unter Jugendlichen
Die Grüne Nationalrätin Lisa Mazzone präsentierte ausserdem das Projekt Likrat (aus dem Hebräischen «auf einander zu»). Zudem wurde ein Dokumentarfilm über das Projekt uraufgeführt. Jüdische Jugendliche werden in eine Schulklasse eingeladen und stellen ihr Judentum vor. Dank der Auseinandersetzung mit einer anderen Religion entsteht Sensibilisierung und Toleranz gegenüber dem Judentum und anderen Minderheiten. Das seit Jahren erfolgreiche Schweizer Dialog-Projekt wurde bereits ausgeweitet nach Deutschland, Österreich und Moldawien.

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