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Buchrezension: «Jesus war kein Europäer»

| 24.05.2019 | APD | Buchrezensionen

Kenneth E. Bailey, Jesus war kein Europäer: Die Kultur des Nahen Ostens und die Lebenswelt der Evangelien, Holzgerlingen: SCM 2018, 528 Seiten, gebunden, EUR 39,95, ISBN: 978-3-417-26648-1

Schon der Titel lässt die Zielrichtung des Autors erkennen. Es geht um einen Perspektivenwechsel - von West nach Ost, was auch der Untertitel andeutet: „Die Kultur des Nahen Ostens und die Lebenswelt der Evangelien“. Da der westliche Leser gewöhnlich nicht mit dem Denken und den Lebensumständen des Orients vertraut ist, möchte Kenneth Bailey die Person Jesu, wie sie in den Evangelien dargestellt wird, im Licht der traditionellen nahöstlichen Kultur untersuchen. Bailey selbst ist insofern besonders dafür qualifiziert, als er in Ägypten aufgewachsen ist und 40 Jahre lang an verschiedenen Seminaren im Orient unterrichtete.

„Vergessene Gläubige“
Bailey lenkt den Blick in der Einleitung des Werks auf die mehr als zehn Millionen arabischsprechenden Christen, die in den fünf Jahrhunderten von etwa 900 bis 1400 n. Chr. theologische Schriften von höchster Qualität veröffentlichten. Diese Christen, die zuweilen als „vergessene Gläubige“ bezeichnet werden, denken und atmen die Kultur des Nahen Ostens und sind mit den dortigen Traditionen vertraut. Es ist Bailey ein Anliegen, dass der Westen die östliche Bibelauslegung zur Kenntnis nimmt und durch diese bereichert wird. Sein Buch ist ein Beitrag dazu.

Zum Inhalt
In sechs Teilen wird das Jesusbild der Bibel vor dem Hintergrund des Nahem Ostens erklärt. Die Teile sind thematisch geordnet und beschreiben Geschehnisse rund um die Geburt Jesu, die Seligpreisungen, das Vaterunser, das dramatische Handeln Jesu, Jesus und die Frauen sowie Jesu Gleichnisse. Dabei nimmt der Autor Vorlesungsmaterial und persönliche Studien als Grundlage. Bailey bezieht sich auf Quellen aus der antiken Literatur, der jüdischen Literatur und der Schriften der semitischsprachigen Kirche. Bailey übersetzte diese grösstenteils selbst und erklärt viele Texte inhaltlich anhand ihrer rhetorischen Muster, den sogenannten Parallelismen.

Die Bibel als Wort Gottes
Man spürt Kenneth Bailey seine Ehrfurcht vor dem Wort Gottes ab - in der Einleitung spricht er grundsätzlich über sein Inspirationsverständnis: Die Bibel ist Gottes Wort, sie ist inspiriert. Bailey lässt in seinen Ausführungen die theologisch-historische Dramatik der Texte als kreatives Ganzes wirken. Der Autor möchte sein Buch allerdings nicht als eigenständigen Fachkommentar verstanden wissen um in den wissenschaftlichen Diskurs mit der aktuellen Literatur zu treten. Er möchte vielmehr den Leser ohne theologische Vorkenntnisse ansprechen, der die Gedankenwelt Jesu besser verstehen will. Dies ist ihm ohne Zweifel bestens gelungen.
Claudia Mohr

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