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Von Nazis diffamierte „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ als NS-Opfer anerkennen

Bremen/Deutschland | 24.06.2019 | APD | Menschenrechte

Die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz fordert in einem Appell an den Deutschen Bundestag, die von den Nazis als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ Diffamierten und Inhaftierten förmlich als NS-Opfer anzuerkennen. Die Bundesvereinigung erinnert daran, dass ihre letzte Opfergruppe „Kriegsverräter“ erst vor zehn Jahren, am 8. September 2009, politisch anerkannt und rehabilitiert worden sei. Bis dahin seien diese Opfer der NS-Militärjustiz, vor allem die Deserteure und Wehrkraftzersetzer, jahrzehntelang geächtet worden. Deren Widerständigkeit gegen einen Angriffs- und Vernichtungskrieg sei von NS-Juristen oft als „staats- und wehrfeindliche Einstellung“ und als Ausdruck „asozialer Persönlichkeit“ bewertet worden.

Keine Rechtfertigung für KZ-Haft
Das Vorenthalten der förmlichen Anerkennung der als „Asoziale“ und „Berufs-verbrecher“ diffamierten Häftlinge als NS-Opfer wecke oder bestärke objektiv, ob gewollt oder ungewollt, den Eindruck, sogar KZ-Haft sei für diese zehntausende Häftlinge kein nationalsozialistisches Unrecht und somit für bestimmte Delikte „rechtfertigbar“ gewesen, so die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz. 75 Jahre nach Ende des Nazi-Regimes sei im Deutschen Bundestag die Klarstellung überfällig, „dass kein Mensch mit Recht in ein NS-Konzentrationslager verschleppt, dort legitim gequält oder gar ermordet wurde“. Die Bundesvereinigung erinnerte daran, dass nach dem Gesetz zur Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZStiftG) aus dem Jahr 2000 alle KZ-Häftlinge eine Leistungsberechtigung hätten. Dem müsse jetzt ihre förmliche Anerkennung als NS-Opfer folgen. Wie anderen Opfergruppen des NS-Regimes gebühre ihnen und ihren Angehörigen Achtung und Mitgefühl.

Koalitionsvereinbarung verwirklichen
Gerade weil die vom Nazi-Jargon geprägten Begrifflichkeiten „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ bis heute umgangssprachlich diskriminierend verwendet würden, sei die explizite politische Anerkennung dieser NS-Opfergruppen durch den Bundestag und die Bundesregierung notwendig. Eine geforderte wissenschaftliche Aufarbeitung und didaktischen Vermittlung dieses komplexen Themas könnten kein Ersatz für die Anerkennung dieser NS-Opfer sein. Sie wurden in den Konzentrationslagern mit schwarzen und grünen Winkeln gekennzeichnet. Die Bundesvereinigung regt daher an, in den Beratungen des Deutschen Bundestages die Aussage der aktuellen Koalitionsvereinbarung zu verwirklichen: „Bisher weniger beachtete Opfergruppen des Nationalsozialismus wollen wir anerkennen und ihre Geschichte aufarbeiten“ (Seite 168).

Anträge von Bündnis 90/Die Grünen und FDP
Der Deutsche Bundestag hat bereits die Anträge von Bündnis 90/Die Grünen (19/7736) und der FDP (19/8955), mit denen die Anerkennung vom NS-Regime als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ diffamierte ehemalige KZ-Häftlinge als NS-Opfer gefordert wird, erstberaten. Am 4. April 2019 wurden die Anträge an die zuständigen Bundestagsausschüsse überwiesen. Eine überfraktionelle Einigung über die geforderte politische Anerkennung dieser Menschen als „Opfer des NS-Unrechts“ und damit die förmliche Feststellung durch den Deutschen Bundestag, dass an ihnen nationalsozialistisches Unrecht verübt wurde, steht noch aus.

Der Appell der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz neben Hintergrund-informationen zum Thema sind dokumentiert auf folgender Internetseite:
http://upgr.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de/index.php?page=pressemitteilungen

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