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Die berauschte Gesellschaft: Alkohol – geliebt, verharmlost, tödlich

Ostfildern/Deutschland | 01.11.2019 | APD | Buchrezensionen

Helmut K. Seitz & Ingrid Thoms-Hoffmann, Die berauschte Gesellschaft: Alkohol – geliebt, verharmlost, tödlich; München: Kösel Verlag 2018, 176 Seiten, Hardcover, 19,00 EUR, ISBN: 978-3-466-37222-5

Eigentlich wissen wir es ja alle: Alkohol ist schädlich. Aber so richtig wahrhaben will es keiner. Vor allem nicht die herstellende Industrie zusammen mit den Endverbrauchern. Und so kommt es zum grossen Selbstbetrug der modernen Gesellschaft, die sich immer wieder versichert: Alles halb so schlimm. Doch die neusten wissenschaftlichen Studien machen deutlich: Alles viel schlimmer. „Die Menge Alkohol, die täglich ohne gesundheitliche Bedenken getrunken werden kann, ist deutlich geringer, als bislang angenommen“, so der Ärztliche Direktor und Chefarzt am Krankenhaus Salem und St. Vincentus in Heidelberg/Deutschland, Professor Dr. Helmut Seitz.

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Seitz ist darüber hinaus Direktor des Alkoholforschungszentrums der Universität Heidelberg und hat bereits unzählige Publikationen zum Thema verfasst. Sein zusammen mit der Journalistin Ingrid Thoms-Hoffmann geschriebenes Buch „Die berauschte Gesellschaft: Alkohol – geliebt, verharmlost, tödlich“ bringt uns auf den aktuellen Stand und will sensibilisieren. Die Autoren räumen mit Halbwissen auf und stellen beispielsweise klar: Schon geringe Mengen Alkohol schaden dem Fötus, Alkohol in Massen bietet entgegen der landläufigen Meinung keinen Schutz vor Herzinfarkt oder Schlaganfall und Vieltrinker kommen mengenmässig nicht aus der bildungsfernen Schicht. Seitz mahnt diesbezüglich die Unwissenheit von Teilen der Bevölkerung und seiner Kollegenschaft an.

Weniger ist mehr
Eine neue Metastudie, die im April 2018 im renommierten Fachjournal „Lancet“ publiziert wurde, mache deutlich: Das Überschreiten von bereits 100 Gramm Alkohol pro Woche (rund ein achtel Liter Wein am Tag) ist mit einem erhöhten Risiko für unterschiedliche Erkrankungen verbunden. In Deutschland sterben pro 100.000 Einwohner etwa 16 an den Folgen von Alkohol. Damit liegen wir mit einigen osteuropäischen Ländern an der Spitze, weit vor unseren Nachbarländern wie Italien, Spanien und Frankreich, so Seitz.

Politische Nachlässigkeit
Für die Autoren steht fest: Prohibition ist keine Lösung, doch sollte die Politik den Alkoholkonsum der Nation mit strengeren Gesetzen in vernünftige Bahnen lenken. Werbung für Alkoholgenuss gehöre abgeschafft, nächtliche Kaufverbote sollten eingeführt, die Altersgrenze erhöht und der Konsum generell stark besteuert werden. Doch leider sei die Politik noch zu unkritisch, wozu der jährliche Alkohol-Umsatz in Höhe von rund 15 Milliarden Euro sicherlich das Seine beitrage.

Eigenverantwortung stärken
Trotz der Faktenlage ist für die Autoren klar: Das Krankheitsrisiko wird von individuellen Merkmalen wie genetischen Faktoren, Geschlecht und Lebensstil mit beeinflusst. Jeder müsse seine Entscheidung, welches Risiko er tragen möchte, aufgrund von Fakten selbst treffen. Und nicht erst dann, wenn es zu spät ist und Abhängigkeiten bestehen. Informativ, aufklärend und alarmierend.

Seitz und Thoms-Hoffmann scheuen sich nicht, unangenehme Tatsachen auszusprechen und schonungslos deutlich zu machen: Schönrederei ist Selbstbetrug. Besser ist es, den Alkoholkonsum zu reduzieren.

Claudia Mohr

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