Hagia Sophia in Istanbul, Türkei © Foto: Herbert Bodenmann/APD

ÖRK "bestürzt und traurig" über Rückumwandlung der Hagia Sophia

Genf/Schweiz | 12.07.2020 | APD | Religion + Staat

Die "Bestürzung und Trauer" des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und seiner 350 Mitgliedskirchen über die Umwandlung der Hagia Sophia (Sophienkirche) in Istanbul/Türkei in eine Moschee hat der Generalsekretär des ökumenischen Dachverbands, Professor Ioan Sauca, am 11. Juli in einem Brief an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zum Ausdruck gebracht. Laut CBS KULTUR INFO hat er ihn dabei aufgefordert, die Entscheidung zur Rückumwandlung der Kathedrale in eine Moschee zu revidieren.

Das oberste Verwaltungsgericht der Türkei hat am 10. Juli entschieden, dass die Hagia Sophia künftig wieder als Moschee genutzt werden darf. Auf Anordnung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan findet das erste islamische Gebet am 24. Juli 2020 statt.

Wörtlich stellte der rumänisch-orthodoxe Theologe in dem Brief an Präsident Erdoğan fest: "Sie haben durch die Entscheidung, die Hagia Sophia wieder zur Moschee zu machen, das positive Signal der Offenheit der Türkei zu einem Zeichen von Ausschliessung und Spaltung umgewandelt". Diese Entscheidung sei leider auch ohne vorherige Benachrichtigung oder Diskussion mit der UNESCO im Hinblick auf die Auswirkungen auf den "universalen Wert" der Hagia Sophia erfolgt, wie er durch die Welterbe-Konvention besiegelt sei. Der ÖRK-Generalsekretär forderte den türkischen Präsidenten ausdrücklich zur Revision seiner Entscheidung auf.

ÖRK fördert interreligiösen Dialog, um Brücken zu bauen
Seit langem unternehme der Ökumenische Rat der Kirchen grosse Anstrengungen, um die aktive Beteiligung seiner Mitgliedskirchen im interreligiösen Dialog zu unterstützen und so Brücken "des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit" auf der Basis gemeinsamer Werte der verschiedenen Religionsgemeinschaften zu bauen, betonte Prof. Sauca. In schwierigen Zeiten habe sich der Ökumenische Rat mit seinen Mitgliedskirchen auch immer wieder für die Rechte von andersgläubigen Gemeinschaften, "einschliesslich von muslimischen Gemeinschaften", ausgesprochen.

Entscheidung bringt "Unsicherheit, Verdacht und Misstrauen"
Die Entscheidung, eine so bedeutsame Stätte wie die Hagia Sophia von einem Museum wieder in eine Moschee zu verwandeln, werde unvermeidlicherweise "Unsicherheit, Verdacht und Misstrauen" mit sich bringen und damit die Anstrengungen des ÖRK unterminieren, Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit an den Tisch von Dialog und Zusammenarbeit zu bringen.

Aufforderung zum Überdenken der Entscheidung
Im Schreiben an Erdoğan formulierte Prof. Sauca: "Herr Präsident, Sie haben oft die Identität der modernen Türkei als eines säkularen Staates betont, aber am Freitag haben Sie eine Verpflichtung ausser Kraft gesetzt, die seit 1934 dieses historische Monument der Hagia Sophia als gemeinsames Erbe der Menschheit bewahrt hat. Im Interesse der Förderung des gegenseitigen Verständnisses, des Respekts, des Dialogs und der Zusammenarbeit – und zur Vermeidung der Pflege alter Animositäten und Spaltungen – bitten wir Sie dringend, ihre Entscheidung zu überdenken und zu revidieren".

Abschliessend stellte Prof. Sauca fest, dass der ÖRK dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. in der "leidenschaftlichen Hoffnung und im Gebet" übereinstimme, dass die Hagia Sophia nicht neuerlich ein Brennpunkt von "Konfrontation und Konflikt" werden möge, sondern wieder jene einheitsstiftende Rolle einnehmen könne, der sie seit 1934/35 gedient habe.

Hagia Sophia
Die Hagia Sophia (vom griechischen Ἁγία Σοφία "heilige Weisheit"; türkisch Ayasofya) oder Sophienkirche, ist eine von 532 bis 537 n. Chr. erbaute ehemalige byzantinische Kirche, die 1453 eine Moschee wurde. Auf Betreiben des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk ordnete der Ministerrat im Jahr 1934 die Umwandlung der Hagia Sophia in ein Museum an. Diese wurde seit 1935 bis heute als Museum (Ayasofya Müzesi, "Hagia-Sophia-Museum") genutzt, wie CBS KULTUR INFO schreibt.

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