Adventistische Delegation der Weltkirchenleitung in China: Gespräche mit Regierungsstellen, Besuche bei adventistischen Christen

Beijing, China | 13.05.2004 | APD | International

Während eines 10-tägigen Aufenthalts in der Volksrepublik China, vom 22. April bis 4. Mai, besuchten Vertreter der Weltkirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten adventistische Kirchengemeinden und führten Gespräche mit Regierungsvertretern über die heutige religiöse Situation im bevölkerungsreichsten Land der Welt.

Zur Delegation unter Leitung von Pastor Matthew Bediako, dem Generalsekretär der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung), zählten Dr. Lyn Behrens, Präsidentin des medizinischen Zentrums der Loma Linda Universität; Dr. Jairong Lee, Präsident der Nord-Asien/Pazifik Region der Freikirche, mit Sitz im südkoreanischen Seoul; Pastor James Sze Fai Wu, Präsident des Chinesischen Verbands der Adventisten. Zur Gruppe gehörten auch der Chefredaktor der adventistischen Gemeindezeitschrift "Adventist Review", William G. Johnsson und Glenn Mitchell, Kommunikationsdirektor der Nord-Asien/Pazifik Region.

Die adventistischen Kirchenvertreter trafen sich mit Verantwortlichen des Staatlichen Büros für Religiöse Angelegenheiten (RAB), das die religiöse Vorgänge im Lande beaufsichtigt; mit Mitgliedern des Ständigen Komitees der 1951 gebildeten Nationalen Drei-Selbst-Bewegung (TSPM) der protestantischen chinesischen Kirche, die das Ziel verfolgt, in der Kirche für Patriotismus zu werben und die Selbstverwaltung, Eigenfinanzierung und eigenverantwortete Verkündigung der Kirche zu fördern.

Die freikirchliche Delegation führte auch Gespräche mit dem 1980 gegründeten Nationalen Chinesischen Christenrat (CCC). Der Rat versteht sich als Dachorganisation und Dienstleistungseinrichtung für die Protestanten in China, einschliesslich der drei protestantischen Denominationen: die Wahre Kirche Jesu, die Kleine Herde und die Siebenten-Tags-Adventisten, die sich nur partiell mit dem CCC verbunden fühlen. Diese drei Kirchen haben auch in der so genannten "post-konfessionellen" Einheitsphase weitgehend ihre theologische Unabhängigkeit behalten.

Matthew Bediako (l) und Guo Wei (r)

Gastgeberin der höchstrangigen Begegnung mit den Adventisten war Frau Guo Wei, stellvertretende Generaldirektorin der Staatlichen Büros für Religiöse Angelegenheiten.

Im Laufe des Besuches wurden den adventistischen Kirchenvertretern ausführliche Informationen zur Lage der Christen und deren Kirchen, zum gesellschaftlichen Engagement des protestantischen Christentums, zur Theologie des Wiederaufbaus, zum Verhältnis von Staat und Kirche sowie über die staatliche Religionspolitik in China vermittelt.

Nach seiner Rückkehr aus Beijing äusserte sich Pastor Bediako zufrieden über den Besuch seiner Delegation in China und sagte: "Es war ein Vorrecht dieses riesige Land zu besuchen und dort gemeinsam mit unseren Kirchenmitgliedern Gottesdienste zu feiern. Ich war berührt über ihre Hingabe und ihren starken Glauben."

"Auch die Gespräche mit Regierungsvertretern waren eine wertvolle Gelegenheit. Ich schätzte ihren zuvorkommenden und freundlichen Empfang sowie ihre Bereitschaft, die Rechte der Angehörigen religiöser Minderheiten zu schützen," ergänzte Bediako.

Die hochrangige adventistische Besucherdelegation hätte ursprünglich vom norwegischen Pastor Dr. Jan Paulsen, dem Präsidenten der Weltkirchenleitung, geleitet werden sollen. In letzter Minute wurde seine Anwesenheit bei diesem Besuch "verhindert", schreibt der Adventistische Pressedienst APD. "Seit geraumer Zeit hatte ich mir vorgenommen diese Besuchsreise zu machen, um einerseits mit den dortigen adventistischen Christen zusammen zu kommen, und andererseits um die Verantwortlichen in Staat und Kirche zu treffen“, sagte Paulsen. "Aus unvorhersehbaren Gründen musste ich nun mein Vorhaben kurzfristig aufgeben. Obwohl ich enttäuscht darüber bin, dass ich diese Pläne jetzt nicht verwirklichen konnte, bin ich zuversichtlich, dass sich in der Zukunft Möglichkeiten zu einem Besuch bei der in China gedeihenden adventistischen Glaubensgemeinschaft ergeben werden, und die Beziehungen zu den staatlichen Behörden des Landes weiter verbessert werden können. Ich weiss dass der Herr diese Bemühungen leiten wird," so Paulsen.

Während ihrer China-Reise besuchte die adventistische Delegation die wöchentlichen Sabbat-Gottesdienste in Beijing und Schanghai und nahm an den Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen des Sir Run Run Shaw Krankenhauses in Hangzhou teil, das mit der Zhejiang Universität verbunden ist. Das nach westlichem Vorbild gebaute Spital wurde vom Hong Konger Filmmagnaten und Philanthropen Sir Run Run Shaw finanziert und steht mit dem medizinischen Zentrum der US-amerikanischen Loma Linda Universität (LLUMC) in wissenschaftlicher Verbindung sowie in einem Bildungsaustausch ihrer Mitarbeiter. Das Loma Linda University Medical Center mit über 3 000 Studenten ist eine Einrichtung der Siebenten-Tags-Adventisten und befindet sich in Südkalifornien. Das Zentrum pflegt seit über 20 Jahren wissenschaftliche Beziehungen zu China.

Die protestantische Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten zählt heute nach eigenen Angaben in der Volksrepublik China mehr als 317 000 Mitglieder, die sich in über 850 Kirchengemeinden versammeln.

Nach unvollständigen chinesischen Statistiken lebt die überwiegende Zahl der zwischen 15 und 20 Millionen Protestanten Chinas in ländlichen Gebieten. Die städtischen Kirchen weisen ein stetiges Wachstum auf, berichtet der Adventistische Pressedienst (APD). In den protestantischen Kirchen Chinas waren bisher die älteren Frauen vorherrschend. Das Durchschnittsalter in den Kirchengemeinden sinkt zwar dank dem Zuwachs neuer, junger Mitglieder langsam, die Frauen stellen aber weiterhin die Mehrheit der Kirchenmitglieder. Ihr Anteil beträgt heute etwa 70 Prozent.

Auf Grund der zunehmenden Zahl von weiblichen Gläubigen wächst auch das Verhältnis der weiblichen Bewerber für die theologischen Seminare und Bibelschulen. Mehr als die Hälfte der eingeschriebenen Studenten sind weiblich. Zwei der Direktorenposten und ein Drittel der Lehrkräfte an den 23 Seminaren und Bibelschulen des Landes wurden durch Frauen besetzt.

Nach jüngeren Angaben des CCC sind rund 24 Prozent aller ordinierten protestantischen Seelsorger Frauen, schreibt APD. Darüber hinaus gibt es 415 Frauen als Gemeindeleiter, die hauptsächlich in den letzten 20 Jahren zum Dienst eingesegnet wurden. Zwischen 70 und 75 Prozent der christlichen Laienmitarbeiter sind Frauen, und viele Gemeindeaktivitäten wie Bibelgruppen, Gebetsversammlungen oder Chöre werden von Frauen geleitet und besucht.

In der Volksrepublik China gibt es fünf anerkannte Religionen: Buddhismus, Daoismus, Islam, protestantisches und katholisches Christentum.

Katholizismus und Protestantismus werden, aus historischen Gründen, in China offiziell noch immer als unterschiedliche "Religionen" behandelt.

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