"Religionsführer Zürich" von Claude-Alain Humbert

| 28.01.2005 | APD | Buchrezensionen

Claude-Alain Humbert "Religionsführer Zürich" (370 Kirchen, religiös-spirituelle Gruppierungen, Zentren und weltanschauliche Bewegungen der Stadt Zürich); Orell Füssli Verlag AG., Zürich. Gebunden; 606 Seiten. 2004. CHF 54.00; EURO 32.50; ISBN3-280-05086-3. Erhältlich im Buchhandel.

Erstmals wird das religiös organisierte Zürich mit seinen knapp 400 Glaubensgemeinschaften ausführlich in einem Buch beschrieben. In jahrelanger Fleissarbeit hat Claude-Alain Humbert im Grossraum Zürich eine Vielzahl von ihnen besucht, Hunderte von Gesprächen geführt und umfangreiches Material zusammengetragen. Der Schwerpunkt des Buches liegt bei der Darstellung von Geschichte und Lehre sowie der Organisationsstruktur der religiösen Organisationen, gefolgt von praktischen Informationen über Veranstaltungen, Literatur und Kontaktadressen. Die gebotene Knappheit der Darstellung bringt allerdings Verkürzungen mit sich, die eine Sachdiskussion erschweren.

Als Stütze des Verfassers für die Gliederung und Einteilung der Weltanschauungen hat sich das Standardwerk des 2003 verstorbenen reformierten Pfarrers Oswald Eggenberger "Kirchen, Sondergruppen und religiösen Vereinigungen" erwiesen. Humbert's "Religionsführer Zürich" fasst die verschiedenen Gruppierungen in 18 Kapiteln zusammen und hat sich dabei weitgehend an die Zuordnung von Eggenberger gehalten. Auf den umstrittenen Begriff "Sekte" hat Humbert im christlichen Bereich in den drei Kapiteln "Endzeit-Gemeinden", "Apostelgemeinden" und "Mormonentum" verzichtet.

Bei der Zuordnung der protestantischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten zu den "Endzeit-Gemeinden" ist Humbert allerdings – wie bereits Eggenberger – entgangen, dass freikirchliche Glaubensgemeinschaften, auch wenn sie ein ausgeprägtes Endzeitbewusstsein haben, konsequenterweise in das Kapitel (protestantische) "Freikirchen" gehören.

Dem Autor als Nicht-Theologe gelingt es weitgehend, eine optimale Distanz und Nähe zu allen Gruppen zu wahren. Im Vorwort attestiert ihm der Konfessionskundler Professor Dr. theol. Georg Schmid "jenen Realismus, der darauf verzichtet, in der Welt der Religionen die perfekte Gemeinschaft und die alleinseligmachende Wahrheit zu suchen." Es sei dieser Realismus, der Humbert die nötige Beobachterdistanz zu allen Gemeinschaften geschenkt habe.

Obwohl das ergiebige Sammelwerk nur die religiöse Topografie der grössten Schweizer Stadt erfasst, hat es durchaus überregionale Bedeutung. Viele der darin erfassten Gruppierungen findet man auch an anderen Plätzen Europas.

Humbert hat sich bemüht, den Religionsindex möglichst inhaltlich neutral und sachlich zu verfassen. Das Nachschlagewerk hat deshalb bei der Buchvorstellung den etwas ironischen Beinamen "Die Gelben Seiten für Sinnsuchende" erhalten. Konfessionskundler raten dem Leser daher, nicht auf Informationen im Sinne des Verbraucherschutzes zu verzichten, etwa mit Hilfe einer kompetenten Einschätzung durch kirchliche Beratungsstellen. Der "Religionsführer Zürich" vermittelt in der unübersichtlichen und vielfältigen religiösen Landschaft durchaus wertvolles "Einstiegs-Wissen". Das Buch ermöglicht einen Überblick mit vielen Informationen über das breite Spektrum religiöser und weltanschaulicher Strömungen unserer Zeit.

Christian B. Schäffler

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