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Netzwerk gegen Zwangsprostitution im Dreiländereck

Karlsruhe/Deutschland | 11.02.2005 | APD | International

Gemeinsam mit Kooperationspartnern in Tschechien, Polen, Weissrussland, der Schweiz und Frankreich baut das Diakonische Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden (Diakonie Baden) ein grenzüberschreitendes Netzwerk gegen Zwangsprostitution auf. Rund 500.000 Mädchen und Frauen werden nach Angaben der Vereinten Nationen allein in Europa jährlich zur Prostitution gezwungen.

Nach Angaben der Projektleiterin Ingrid Reutemann haben aus der Region Basel die Aids-Hilfe beider Basel (AHbB) und die Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe ALIENA bereits Interesse an diesem Netzwerk gegen Zwangsprostitution im Dreiländereck bekundet. Mit dem Elsass bestehe schon eine Vernetzung mit der Association ESPOIR in Colmar. Auch der deutsche Bundesgrenzschutz würde den raschen Aufbau eines derartigen Netzwerkes sehr begrüssen, so Reutemann.

Aufgrund der Grenzlage Badens seien in den letzten Jahren vermehrt Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution bekannt geworden, so dass jetzt neue Formen der Zusammenarbeit mit bekannten Hilfsorganisationen und bereits bestehenden regionalen Netzwerken geschaffen werden sollen. Dazu gehörten "eine Intensivierung des Informationsaustausches und die Erschliessung neuer Wege für die Opfer von Zwangsprostitution". Vertreterinnen von Hilfsorganisationen der angrenzenden Länder sowie aus Weissrussland haben kürzlich auf einer Tagung ihre künftige Zusammenarbeit konkretisiert.

Vielerorts fehle es noch an Fürsorgemöglichkeiten für die betroffenen Frauen, so die Netzwerk-Projektleiterin Ingrid Reutemann von der Diakonie Baden. An den Transitstrecken nach Österreich, in die Schweiz und nach Frankreich entstünden immer grössere "Prostitutionsmilieus". Besonders wichtig sei für die Kriminalpolizei die Zusammenarbeit mit den kirchlichen Hilfsorganisationen, unterstrich Gabriele Schell, Kriminalhauptkommissarin aus Mannheim. Dort arbeite man vor allem mit dem katholischen Verein SOLWODI zusammen, der Frauen helfe, die als Opfer von Menschenhändlern, Sextouristen und Heiratsvermittlern nach Deutschland gekommen sind. Während einem laufenden Verfahren sei es oft notwendig, ehemaligen Zwangsprostituierten zwischen drei und fünf Jahren Unterkunft in einem geschützten Raum in Deutschland zu gewähren, um die Ermittlungen der Polizei und die Gerichtsverfahren zu unterstützen. Solche "Schutzwohnungen" würden von Hilfsorganisationen wie dem Diakonischen Werk zur Verfügung gestellt.

"Die Frauen sind meist traumatisiert. Sie haben Angst, sind an Körper und Seele misshandelt worden und meist suizidgefährdet. Wir bieten dann vor allem psychosoziale Beratung an und helfen bei der Alltagsbewältigung", sagte Traute Wolk vom Fraueninformationszentrum (FIZ) in Stuttgart.

Viele der Opfer stammten aus den GUS-Ländern. Dort würden die Frauen nach ihrer Rückkehr auf viele Schwierigkeiten stossen, sagte Tatjana Afanassenko von der Fraueninitiative Semja im weissrussischen Mogilew. Sie fänden keine Unterkunft und würden sich nicht trauen, sich an Verwandte zu wenden, die, aufgrund ihres "Auslandaufenthaltes" finanzielle Unterstützung aus dem reichen Westen erwarten würden. Mit Spendengeldern aus der badischen Aktion "Hoffnung für Osteuropa" sollen deshalb auch Schutzwohnungen und Hilfen zur Wiedereingliederung in den Herkunftsstaaten finanziert werden.

Zwangsprostitution hat ihren Ursprung meist in der Armut und in den Lebensbedingungen einzelner Länder, so Ingrid Reutemann. Die Projektleiterin wörtlich: "So lange es arme Länder in Europa gibt, wird der Markt für Zwangsprostitution und Menschenhandel noch weiter wachsen."

Nach Schätzungen werden jährlich europaweit rund 500.000 Frauen und Mädchen von Schlepperbanden in wohlhabende Länder geschleust. Rund 85 Prozent der in Baden-Württemberg aufgegriffenen Opfer stammten aus Osteuropa.

Weitere Informationen über das Netzwerk gegen Zwangsprostitution im Dreiländereck: Diakonie Baden, Projektleiterin Ingrid Reutemann, Vorholzstrasse 3, D-76137 Karlsruhe. Telefon 0049-721 934 93 05; E-Mail: i.reutemann@diakonie-baden.de

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