UN-Tribunal vertagt Völkermord-Prozess gegen römisch-katholischen Priester

Arusha/Tansania | 10.05.2005 | APD | International

Der erste Prozess um die mutmassliche Beteiligung eines römisch-katholischen katholischen Priesters am Völkermord in Ruanda wurde vom UN-Tribunal nach einer Unterbrechung von dreieinhalb Monaten erneut auf unbestimmte Zeit vertagt. Der angeklagte Hutu Athanase Seromba (41) weigere sich, vor dem Kriegsverbrechertribunal von seinem Anwalt Alfred Pognon verteidigt zu werden, berichtete die Nachrichtenagentur "Hirondelle" am 10. Mai aus Arusha.

Damit der Prozess fortgeführt werden kann, müsse zunächst das weitere Verfahren in dem Streit geklärt werden, sagte der zuständige Richter Andresia Vaz nach einem Gespräch mit den Vertretern von Verteidigung und Anklage. Dem 41-jährigen Geistlichen Seromba wird vorgeworfen, 1994 für den Tod von 2'000 Tutsi in der katholischen Kirche in Niange im Westen Ruandas mitverantwortlich gewesen zu sein. Der Pfarrer soll angeordnet haben, dass eine Planierraupe die Kirche niederwalzte, in der sich die Tutsi vor den Macheten ihrer Verfolger in Sicherheit bringen wollten. Seromba streitet die Vorwürfe ab.

Das von der UNO ins Leben gerufene Internationale Kriegsverbrechertribunal für Ruanda (ICTR) in Arusha soll über die Hauptverantwortlichen des Völkermords in dem zentralafrikanischen Staat urteilen. Nach einem UNO-Bericht töteten Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Hutu von April bis Juli 1994 systematisch bis zu 800 000 Menschen, überwiegend Angehörige des Tutsi-Volkes sowie oppositionelle Hutus.

Im Februar 2003 wurden der frühere Präsident der Siebenten-Tags-Adventisten im Süden Ruandas und ehemalige Pastor, Elizaphan Ntakirutimana (80), sowie dessen Sohn Gérard (46), der als leitender Arzt am adventistischen Krankenhaus in Mugonero tätig war, wegen Beihilfe und Begünstigung zum Völkermord zu zehn Jahren Haft und der Mediziner wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren verurteilt. Im Dezember 2004 hatte die Berufungskammer des UN-Tribunals die Urteile der Vorinstanz bestätigt.

Elizaphan Ntakirutimana war der zweite Geistliche, der von dem Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen zur Aufarbeitung des Völkermordes in Ruanda (ICTR) verurteilt wurde. Bereits im September 1998 erhielt ein römisch-katholischer Priester in Arusha/Tansania vier Jahre Haft wegen Völkermordes. Ihre Prozesse erwarten der frühere Rektor des katholischen Christ-Roi College, Hormisdas Nsengimana, und der ehemalige katholische Militärpfarrer Emmanuel Rukundo. Der frühere anglikanische Bischof der Diözese Shyogwe in der zentralruandischen Provinz Gitarama, Samuel Musyabimana, starb am 24. Januar 2003 im Gewahrsam des ICTR, bevor sein Prozess beginnen konnte.

In Belgien wurden im Jahr 2001 die beiden ruandischen Benediktinerinnen Julienne Mukabutera und Consolata Mukangango zu zwölf beziehungsweise 15 Jahren Gefängnis wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. In Frankreich wird gegen den katholischen Priester Wenceslas Munyeshyaka wegen des Genozids an der St. Famille Kirche in Kigali ermittelt. Bereits 1998 wurden die katholischen Priester Jean Francois Kayiranga und Edouard Nkurikiye von einem Kriegsverbrechertribunal in Kibuye/Ruanda wegen Beteiligung am Völkermord zum Tode verurteilt.

Von den 8,1 Millionen Einwohnern des zentralafrikanischen Landes sind 56 Prozent römisch-katholisch, 37 Prozent protestantisch (einschliesslich Anglikaner und Adventisten), fünf Prozent Muslime und zwei Prozent konfessionslos.

(Hinweis für die Medien: Die Presseagentur Hirondelle am Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda in Arusha (Tansania) ist ein Medienprojekt der 1995 von Westschweizer Journalisten gegründeten Schweizer Stiftung Hirondelle (Schwalbe), die in Krisengebieten neue Medien aufbaut.)

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