450 Jahre Augsburger Religionsfrieden

Augsburg/Deutschland | 20.09.2005 | APD | Ökumene

Historisches Abkommen zur religiösen Toleranz mit Folgen

Am 25. September jährt sich zum 450. Mal der Abschluss des "Augsburger Religionsfriedens". Mit diesem Abkommen fand das Reformationszeitalter seinen Abschluss. Heutzutage gilt der Augsburger Religionsfriede als wichtiges historisches Dokument einer modernen zwischenkirchlichen Toleranz.

Der Augsburger Religionsfrieden wurde am 25. September 1555 auf dem Augsburger Reichstag zwischen Kaiser Karl V., vertreten durch seinen Bruder Ferdinand, und den katholischen und den protestantischen Reichsständen geschlossen. Damit kamen die religionspolitischen, zum Teil auch militärischen Auseinandersetzungen zwischen den konfessionsgetrennten Reichsständen zu einem vorläufigen Ende. Es kam zum ersten Mal zu einem verfassungsrechtlich abgesicherten Nebeneinander zweier verschiedener Glaubensrichtungen und damit zur Anerkennung des vormals als "Ketzerei" bezeichneten protestantischen Glaubens.

Frieden nur für Katholiken und Lutheraner

In den Genuss dieser abgesicherten Koexistenz kamen aber nur Katholiken und die Anhänger Luthers (Lutheraner). Die Untertanen mussten danach dem Bekenntnis ihres Landesherren folgen (Ius reformandi: Cuius regio eius religio). Widerstrebende erhielten das Ius emigrandi, also das Recht zur Auswanderung. Nur Reichsstädten wurde religiöse Toleranz zuerkannt. Für geistliche Gebiete galt künftig der so genannte Vorbehalt, das Reservatum ecclesiasticum: ein geistlicher Fürst musste nach persönlichem Glaubenswechsel seine Ämter niederlegen. Die „Declaratia Ferdinandea“ garantierte Adel und Städten in geistlichen Territorien Glaubensfreiheit.

Reformierte und Täufer hart getroffen

Der Religionsfriede galt jedoch nicht für die Reformierten, die Anhänger Zwinglis und Johannes Calvins, und auch nicht für die Täufer. Sogar das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana) der Lutheraner von 1530, dessen 475. Jubiläum in diesem Jahr ebenfalls gefeiert wird, verdammt in vier Artikeln ausdrücklich die Täufer, unter anderem wegen ihres Eintretens für Gewaltfreiheit in der Nachfolge Jesu und ihre Kritik an der Kindertaufe. So kam es, dass die Täufer/Mennoniten nicht nur von den Katholiken, sondern auch von den Evangelischen verfolgt wurden. Am 25. April 1528 wurde beispielsweise in Augsburg der Leiter der örtlichen Täufergemeinde, Hans Leupold, öffentlich mit dem Schwert hingerichtet. Die meisten der anderen 88 "Ketzer" wurden aus der Stadt verbannt. Einigen "brannte man die Backen mit glühenden Eisen durch", berichtete ein Chronist. Erst 1926 wurde in Augsburg wieder eine Mennonitengemeinde gegründet, die sich in der Tradition der Augsburger Täufergemeinde von 1524 sieht.

Eine internationale lutherisch-mennonitische Studienkommission prüft gegenwärtig, ob die in den lutherischen Bekenntnisschriften enthaltenen Verurteilungen wieder-täuferischer Lehren für die heutige Lehre der Mennoniten noch gelten. Die Arbeit der Kommission ist auf mindestens drei Jahre anberaumt und verfolgt das Ziel, dass die Leitungsgremien des Lutherischen Weltbundes (LWB) und der Mennonitischen Weltkonferenz (MWK) eine offizielle Erklärung zu den Verwerfungen abgeben können.

Ausweg in der Gegenreformation

Der Universalismus Kaiser Karls V. scheiterte an den neuen politischen Gegebenheiten. In den österreichischen Ländern sah sich sein Bruder Ferdinand einer starken lutherisch gesinnten Opposition gegenüber, die für sich freie Religionsausübung in Anspruch nehmen wollte. Er wagte es jedoch nicht, die Forderungen der Stände rundweg abzulehnen, weil dies eine Verweigerung von materieller Hilfe und Unterstützung für den Kampf gegen die Türken zur Folge gehabt hätte. Einen Ausweg sah Ferdinand in der Berufung von Anhängern des neuen Jesuitenordens, der sich in der Folge zum schärfsten Schwert der bald einsetzenden Gegenreformation erweisen sollte. So kam es unter anderem im 18. Jahrhundert zur Vertreibung der Salzburger Protestanten. Im Herbst 1731 hatte Leopold Anton Freiherr von Firmian, Fürsterzbischof von Salzburg, mit dem "Emigrantionspatent" alle über zwölf Jahre alten Protestanten des Landes verwiesen. Wie Historiker berichten, "verliessen die Salzburger in 32 Zügen das Land und wanderten nach Preussen, Hannover, Holland, England, ja selbst nach Amerika aus". König Friedrich Wilhelm I. gab damals rund 20.000 Salzburger Protestanten in Ostpreußen Siedlungsrecht.

Vorbild für lutherisch-katholischen Verständigung in Fragen der Rechtfertigungslehre

Im Jahre 1999 wurde anknüpfend an das Vorbild des Religionsfriedens ebenfalls in Augsburg, der Stadt des Religionsfriedens, die gemeinsame Erklärung der Rechtfertigungslehre durch Vertreter des lutherischen Weltbundes (LWB) und der römisch-katholischen Kirche unterzeichnet.

Ökumenischer Gedenk-Gottesdienst in Augsburg

Dem Augsburger Religionsfrieden wird am 25. September mit einem ökumenischen Gottesdienst in Augsburg gedacht, den der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, und der Vorsitzende der (römisch-katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, mit gestalten werden.


10 Millionen Sonderbriefmarken mit Friedensengel aus Augsburger St. Anna Kirche

Um an diese wichtige Vereinbarung über die religiöse Toleranz zu erinnern, hat die Deutsche Post eine Sonderbriefmarke in einer Auflage von 10 Millionen Exemplaren herausgegeben. Das Postwertzeichen im Wert von 0,55 Euro zeigt einen Friedensengel des Bildhauers Johann Ulrich Hurdter aus dem Jahr 1683, der die Kanzel der Augsburger evangelischen St. Anna Kirche krönt.

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