Christliche Kirchen bekennen sich in Augsburg zu Religionsfreiheit und Ökumene

Augsburg/Deutschland | 27.09.2005 | APD | Ökumene

Mit einem Bekenntnis zur Religionsfreiheit und zur ökumenischen Zusammenarbeit haben die christlichen Kirchen am 25. September den 450. Jahrestag des "Augsburger Religionsfriedens" gefeiert. Der Vertrag sei "der Anfang vom Ende religiöser Gewalt" gewesen, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Wolfgang Huber, bei einem ökumenischen Festgottesdienst in der evangelischen St. Annakirche in Augsburg.

Der Vorsitzende der (römisch-katholischen) Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Karl Lehmann, sprach von einem "zwiespältigen Jubiläum". Es sei eine "Tragödie für die Kirchen, dass sie selbst nicht in der Lage waren, wegen des heftigen Streits um die Wahrheit zum Frieden zu finden". Der Vertrag sollte nur ein Notbehelf sein bis zur Wiedergewinnung der Kircheneinheit. Insofern gebe es zum damals eingeschlagenen Weg der Ökumene keine Alternative. Die allgemeine Religionsfreiheit erscheine heute selbstverständlich, sei es aber nicht, rief Lehmann in Erinnerung.

Nach Angaben der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress sagte Huber sagte, heute werde die Religionsfreiheit nicht mehr nur den Fürsten zugesprochen, sondern allen Menschen. "Weil keine Macht der Welt die Menschen davon abhalten kann, ihr Seelenheil zu suchen, muss es die Freiheit dazu geben", betonte der EKD-Ratsvorsitzende. Mit der 1555 festgeschriebenen Gleichberechtigung der Konfessionen sei schon immer die Pflicht zur ökumenischen Zusammenarbeit verbunden gewesen. Die bereits erzielten Fortschritte seien ein "kostbares Gut" und die 1999 ebenfalls in Augsburg von Katholiken und Lutheranern unterzeichnete "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" ein "entscheidender Schritt".

Am 25. September 1555 war beim Augsburger Reichstag erstmals das friedliche Zusammenleben römisch-katholischer und evangelischer Christen im damaligen Heiligen Römischen Reich besiegelt worden. Erstmals in Europa wurde ein religiöser Konflikt durch einen politischen Kompromiss entschärft.

Das dem jeweiligen Landesherrn zugebilligte Privileg, für sich und seine Untertanen die eigene Konfession zu wählen ("cuius regio, eius religio"), legte den Grundstein für die später allgemein anerkannte individuelle Religionsfreiheit. Der Vertrag markiert das Ende der Religionskriege in Mitteleuropa und das Aufkommen des neuzeitlichen säkularen Rechtsstaates. An dem Gottesdienst nahmen auch der deutsche Bundespräsident Horst Köhler und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber teil.

Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler hat bei den Feiern in Augsburg vor Versuchen gewarnt, die Kirchen aus dem öffentlichen Leben zu drängen. Insbesondere auf den von den Kirchen erteilten schulischen Religionsunterricht "sollten wir nicht verzichten", betonte Köhler beim Festakt zum 450. Jahrestag des "Augsburger Religionsfriedens". Ausgehend von diesem Vertrag habe sich in Deutschland die Trennung von Staat und Kirche entwickelt. Dies dürfe jedoch nicht als Empfehlung missverstanden werden, dass sich die Kirchen aus der Gesellschaft zurückziehen und heraushalten sollten, erklärte der deutsche Bundespräsident. Köhler erinnerte daran, dass gerade die Kirchen Menschen in ihrer Suche nach Transzendenz etwas geben könnten, was kein Staat vermitteln könne und solle. Auch lebten die Kirchen mit ihrem Engagement in Krankenhäusern, Kindergärten, in der Armutsbekämpfung und der Militärseelsorge vor, was es heisse, sich anderen wirklich zuzuwenden. Überdies suchten Menschen wieder stärker nach geistlicher Orientierung. Dies hätten der Evangelische Kirchentag in Hannover und der katholische Weltjugendtag in Köln gezeigt.

Nach den Worten des deutschen Bundespräsidenten steht der "Augsburger Religionsfrieden" für einen Prozess der Emanzipation. 450 Jahre später lägen die Ursachen für Probleme vor allem in der westlichen Welt heute weniger in unversöhnlichen Glaubensüberzeugungen als vielmehr in der weit verbreiteten Relativierung aller Werte und Haltungen, sagte Köhler und griff damit eine Analyse von Papst Benedikt XVI. auf. "Menschen müssen wissen, was sie unterscheidet und was sie verbindet", so der deutsche Bundespräsident.

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