Titel des Katalogs zur Ausstellung Die Kunst des SPIEGEL

Blick auf künstlerische Umsetzung religiös motivierter Titelgeschichten im SPIEGEL

Basel/Schweiz | 19.10.2005 | APD | Veranstaltungshinweise

Noch bis zum 20. November sind in Basel in der Ausstellung "Die Kunst des SPIEGEL" Zeichnungen, Gemälde und Illustrationen aus fünf Jahrzehnten Titelbildgestaltung des deutschen Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL zu sehen.

Littmann Kulturprojekte zeigt in Zusammenarbeit mit dem SPIEGEL-Verlag in den Ausstellungsräumen auf der Lyss (ehemaliges Museum für Gestaltung) über 150 im Auftrag des SPIEGEL entstandene Original-Titelbild-Illustrationen, die in Kunstkreisen zwischen Buchumschlag und Plakat angesiedelt sind. Neben den als Titelbilder veröffentlichten Arbeiten zeigt die Ausstellung auch einige unveröffentlichte Werke.

Diese Ausstellung bietet einen aussergewöhnlichen Einblick in Stil-, Zeit- und Politikgeschichte sowie die Möglichkeit, etwas über die Arbeitsweise der Illustratoren und der Titelbild-Redaktion des SPIEGEL zu erfahren.

Illustrationen auf den Titelseiten des SPIEGEL haben eine lange Tradition. Sie sollen das spontane Interesse des unvorbereiteten Beobachters wecken und das Titelthema des wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazins schnell erfassbar visualisieren. Die beauftragten Künstler wie Braldt Bralds, Boris Artzybasheff, Dieter Wiesmüller, Rafal Olbinski oder Michael Matthias Prechtl gehören und gehörten zu den führenden Illustratoren der Welt. Die Künstler arbeiten mit unterschiedlichsten Techniken wie Federzeichnung, Aquarell, altmeisterliche Ölmalerei oder digitale Grafik.

Unter den in Basel ausgestellten Originalwerken befinden sich auch verschiedene Illustrationen zum Thema Religion. Einige ausdrucksvolle SPIEGEL-Titelbilder setzen sich konkret mit dem christlichen Zeitgeschehen auseinander. So illustrierte Hermann Degkwitz den SPIEGEL-Titel 18/1969 zum Thema "Papst in Bedrängnis" mit einem mittelalterlich anmutenden Gemälde, das den Widerstand in der katholischen Kirche gegen die päpstliche Autorität treffend darstellt.

Der Maler und Grafiker Michael M. Prechtl entwarf den SPIEGEL-Titel 46/1980 mit einer Illustration zum ersten Besuch eines Papstes im Lande Martin Luthers. Dabei schwebt der Papst auf seinem Hirtstab (Pastorale) über dem Reformatoren-Ehepaar Martin Luther und Katharina von Bora.

Cover-Gestalter Mathias Waske malte für den SPIEGEL-Titel 51/1983 ein Tafelbild zur Titelstory "Maria", das ikonenhaft die "Jungfrau-Gottesmutter-Königin Maria" und den sie anbetenden Papst Johannes Paul II. zeigt und damit auf den Marienkult in der katholischen Kirche hinweist, der unter dem damaligen Papst eine Auferstehung feiern konnte.

Mit der SPIEGEL-Titelillustration (52/1996) "Der göttliche Teufel", die 1997 vom Art Directors Club Deutschland ausgezeichnet wurde, macht der Künstler Ludvik Glazer-Naudé deutlich, dass der Mensch offenbar nicht ohne den Teufel, alias Satan, der Verkörperung des Bösen, sein kann. Vom gleichen Maler fand ein Gemälde zu "Gottes Urknall" den Weg zum SPIEGEL-Titel 52/1998, das auf die Kosmologie an der Grenze zur Religion hinweist.

Der US-Künstler Tim O'Brien, der auch für Time, Business Week, Fortune und das National Geographic Magzine arbeitet, porträtierte 1997 im Zusammenhang mit der wieder aufgeflammten Diskussion um "Die Kirche und der Holocaust" den sitzenden Papst Pius XII. auf dem "heiligen Stuhl". Das Werk blieb allerdings unveröffentlicht.

Als ausgezeichneter Porträtmaler stellte Marvin Mattelson im SPIEGEL-Titel 52/1997 auf einem Ölgemälde Jesus dar, alleine am Abendmahlstisch sitzend. Begleitet von der einprägsamen SPIEGEL-Titelunterschrift "Jesus, allein zu Hause", in Anlehnung an die 1990 produzierte Filmkomödie "Kevin – Allein zu Haus" (Home Alone) von Chris Columbus, setzte der Künstler malerisch auf brilliante Weise die Gefahr des drohenden Absturzes der deutschen Kirchen in die Bedeutungslosigkeit um. Ein ebenso gelungenes Cover des gleichen Künstlers (SPIEGEL-Titel 16/1998) zeigt einen goldenen Buddhakopf und einen Menschenstrom, der über den Dächern der Welt dem Buddha entgegen geht. Dies als Hinweis darauf, dass der "Buddhismus" noch nie so im Gespräch und Tibet im Westen noch nie so populär war wie 1998.

Auch die Streitfrage Schöpfung oder Evolution fand, von Robert Giusti gestalterisch veranschaulicht, versehen mit der Überschrift "Der göttliche Funke", den Weg zum SPIEGEL-Titel 10/1998. Im SPIEGEL-Bericht ging es dabei vor allem um die Frage: "Ist die Evolution eine Geschichte des Fortschritts, oder schuf allein der Zufall die heutige Welt?"

Direkt mit dem Schicksal des Weltalls befasst sich der von Rafal Olbinski gestaltete Cover (SPIEGEL-Titel 2/2002) mit einem Blick ins unendliche Universum. Mit der dazu passenden Magazin-Headline "Das Ende des Universums" stellten Astrophysiker die Forscherfrage, wann erlöschen die letzten Sterne?

Fotografisch hat sich Werner Bandel in einer unveröffentlichten Arbeit 2002 mit der Frage "Wie Glaube entsteht" befasst und damit auf die Suche der Hirnforscher nach dem Ursprung der Religion aufmerksam gemacht.

Die in einer tiefen ethischen Krise steckende Gesellschaft am Ende des Jahrtausends wurde vom amerikanischen Künstler Robert Rodriguez im SPIEGEL-Titel 51/1999 so dargestellt, als ob es sich um einem Ausschnitt aus dem Monumentalfilm aller Zeiten, "Die Zehn Gebote", handelte. Auf dem Gemälde steht Moses mit einer Gesetzestafel in der Hand und vielen bereits am Boden liegenden, teilweise zerbrochenen Tafeln. Der Künstler illustrierte damit unvermittelt die SPIEGEL-Nachfrage "Wo ist die Moral?" Rodriguez bebilderte auch den SPIEGEL-Titel 21/2002 zum Thema "Der gedachte Gott" mit einem Frauenkopf mit blau gefärbter Hirnregion und einer Gottesgestalt im Hintergrund. Hier gab DER SPIEGEL wohl der Darstellung Rodriguez Vorrang vor einem ähnlichen Themenentwurf von Bandel.

Gerade die religiösen Motive der Titelbildillustrationen des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL zwingen den Betrachter auf besondere Weise, im Rahmen anspruchsvoller Denkspiele, Symbole und Allegorien zu entziffern, die mit Hilfe der künstlerischen Momentaufnahmen kommuniziert werden. Der bedeutende amerikanische Grafik-Design-Experte Steven Heller schrieb dazu im Begleitkatalog zur Basler Ausstellung: "Wenn eine Illustration noch nach fünf, zehn oder zwanzig Jahren eine Botschaft oder Emotion vermittelt, die über ihren ursprünglichen Zweck hinausgeht – wenn sie sich also durch ihre inhärenten grafischen oder konzeptionellen Qualitäten auszeichnet -, hat sie ein starkes Fundament, auf dem sie dauerhaft stehen kann." Dies ist den meisten künstlerischen Zeugnissen der ausgestellten SPIEGEL-Titeln hervorragend gelungen.

Weitere Informationen zur Ausstellung unter: http://www.klauslittmann.com
[2005] Die Kunst des SPIEGEL - Titelillustrationen aus fünf Jahrzehnten>

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