Internationaler Tag "Journalisten hinter Gittern": 186 Medienleute in Haft – Reporter ohne Grenzen fordert Freilassung

Berlin/Paris | 16.11.2005 | APD | International

Anlässlich des internationalen Tags "Journalisten hinter Gittern" am 17. November ruft die internationale Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen die Regierungen von China, Iran, Algerien, Tunesien, Sierra Leone und Kuba auf, die in ihren Ländern inhaftierten Journalisten freizulassen.

"Weltweit sind derzeit 186 Medienleute im Gefängnis, weil sie uns informiert haben", sagt Elke Schäfter, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen (ROG). "Hunderte wurden in diesem Jahr vorübergehend festgenommen. Diese Zahlen zeigen, wie riskant die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten in vielen Teilen der Welt ist. Vor allem wer über Machtmissbrauch, Korruption oder Drogenhandel berichtet, lebt gefährlich."

In 23 Ländern sind zurzeit 112 Journalisten, drei Medienmitarbeiter und 71 Internet-Dissidenten wegen ihrer Recherchen, Berichte und Kommentare im Gefängnis. China ist mit 31 Inhaftierten das grösste Gefängnis für Journalisten weltweit. In Kuba sind 24 Medienleute hinter Gittern, in Eritrea 13, im Iran und Birma je sechs.

Die vorgeschobenen Gründe für die Haftstrafen reichen von Anstiftung zum Aufruhr oder Gefährdung der inneren Sicherheit über Diffamierung und Verleumdung bis hin zu angeblichem Ehebruch, sexuellem Kontakt zu Minderjährigen oder Homosexualität. Geständnisse werden häufig erpresst.

"Alle wegen ihrer Arbeit Inhaftierten müssen unverzüglich freikommen", fordert Schäfter. "Ungefährdet informieren und seine Meinung frei äussern zu können sind grundlegende Menschenrechte, die in allen Teilen der Welt gewährleistet sein sollten."

Besonders aufmerksam macht Reporter ohne Grenzen auf das Schicksal von drei inhaftierten Journalisten:

- Der Algerier Mohamed Benchicou ist seit dem 14. Juni 2004 hinter Gittern.
Als Herausgeber der Tageszeitung Le Matin hat er sich im Frühjahr 2004 gegen die Wiederwahl von Präsident Bouteflika engagiert. Verhaftet wurde Benchicou, weil er angeblich gegen das Devisenrecht verstossen hat. Le Matin ist inzwischen geschlossen.

- Paul Kamara ist der bekannteste Journalist und Menschenrechtler Sierra Leones. Im Oktober 2004 erhielt er wegen "bösartiger Verleumdung des Präsidenten" eine Haftstrafe von vier Jahren. Der Herausgeber und Mitbegründer der Zeitung For Di People veröffentlichte einen Artikel, der dem jetzigen Staatspräsidenten Kabbah einen Betrug im Jahr 1968 nachweist.

- Der Chinese Yang Zili gründete eine eigene Internetseite, auf der er unter der Rubrik "Yang Zilis Ideengarten" seine politische Meinung äusserte. Für dieses Vergehen ist Yang Zili bis 2009 im Gefängnis.

Weitere Informationen über Benchicou, Kamara und Zili sowie eine Liste aller inhaftierten Journalisten unter: www.reporter-ohne-grenzen.de

Als internationale Menschenrechtsorganisation tritt ROG auch für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten in Kriegs- und Krisengebieten ein. Sie hat heute einen Beraterstatus beim Europarat, bei der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen sowie bei der UNESCO. Das 1985 im südfranzösischen Montpellier gegründete Netwerk Reporter ohne Grenzen ist heute eine weltweit agierende Menschenrechtsorganisation, mit Sitz in Paris.

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