Türkische Bischöfe vor Papstbesuch vorsichtig optimistisch

Istanbul/Türkei | 20.11.2006 | APD | Religion + Staat

Vorsichtig optimistisch im Hinblick auf eine neue Politik Ankaras gegenüber den christlichen Minderheiten haben sich im Vorfeld des Papstbesuches der Istanbuler syrisch-orthodoxe Metropolit Filüksinos Yusuf Çetin und der Präsident der Türkischen Bischofskonferenz, Bischof Louis Pelâtre, im Gespräch mit Journalisten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz geäussert. Dabei sei von der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) derzeit mehr zu erwarten als von der oppositionellen laizistischen Linken, meinte Pelâtre. Auch der syrisch-orthodoxe Metropolit sieht Anzeichen für eine grössere Offenheit.

Die derzeitige Situation sei für die römisch-katholische Kirche äusserst schwierig, sagte Pelâtre dem Adventistischen Pressedienst (APD). Die Kirche habe keine Rechtspersönlichkeit und dürfe deshalb auch nicht im Besitz von Gotteshäusern sein. Nicht einmal die Heilig Geist-Kathedrale in der Nähe des zentralen Taksim-Platzes, in der am 1. Dezember der grosse Papstgottesdienst stattfindet, sei Kircheneigentum. Die katholischen Gotteshäuser stünden im juristischen Niemandsland.

Daher müssten oft schwierige Strukturen entwickelt werden, um etwa notwendige Restaurierungsarbeiten in Auftrag geben zu können. Dies müsse sich jedenfalls ändern, wenn die Türkei der EU beitreten möchte, sagte Pelâtre. Was das neue Stiftungsgesetz tatsächlich bringe, lasse sich erst absehen, wenn es die entsprechenden Ausführungsbestimmungen gebe. Der Bischof betonte aber gleichzeitig, dass es falsch sei, von einer "verfolgten Kirche" zu sprechen. Die katholische Kirche in der Türkei sei "mit Hindernissen konfrontiert, werde aber nicht verfolgt". Man müsse die offiziellen Stellen jedoch immer wieder daran erinnern, dass Religionsfreiheit mehr bedeute als blosse Kultfreiheit.

Der Papst werde während seines Besuchs in der Istanbuler Kathedrale einer sehr bunten, multinationalen christlichen Gemeinschaft begegnen, betonte Pelâtre. So komme "Zuwachs" heute durch Zuwanderer beziehungsweise Arbeitsmigranten aus Ländern des "Südens" wie den Philippinen. Trotz ihrer geringen Gläubigenzahl sei die römisch-katholische Kirche der Türkei mit ihren drei Diözesen in der Gesellschaft stark mit ihren historisch begründeten Initiativen im Schul-, Spitals- und Caritassektor präsent.

Der syrische Metropolit Filüksinos bedauerte, dass Benedikt XVI. nur das orthodoxe und das armenisch-apostolische Patriarchat besuchen werde, nicht aber seine Metropolie. Diese sei mit "immerhin 20.000 Christen die zweitgrösste Kirche von Istanbul". Trotzdem bestehe ein gutes ökumenisches Einvernehmen mit den Katholiken. Die römisch-katholische Kirche stelle ebenso wie die griechisch-orthodoxe den Syrern Kirchenräume für die Gottesdienste zur Verfügung.

Der Metropolit kam auch auf die Auswirkungen der umstrittenen Passagen in der "Regensburger Rede" des Papstes zu sprechen, die für seine Kirche traurige Folgen gehabt habe. Dabei erinnerte er an die Ermordung eines syrisch-orthodoxen Pfarrers in der nordirakischen Stadt Mossul. Gerade aus diesem Grund wäre es ein schönes Zeichen gewesen, wenn Benedikt XVI. in Istanbul auch in die syrisch-orthodoxe Kathedrale kommen würde, "um sein Mitgefühl auszudrücken". Papst Benedikt XIV. wird in Istanbul nur mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I., dem Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, und mit dem armenischen Patriarchen Mesrob II. zu eigenen Begegnungen zusammentreffen.

Zur Lage seiner Kirche betonte Metropolit Filüksinos, im Gegensatz zu anderen christlichen Gemeinden sei die syrische Kirche in Istanbul stark angewachsen und stelle heute nach den Armeniern die zweitstärkste christliche Gemeinschaft dar. Seine Kirche blicke auf eine 2000-jährige Geschichte von Verfolgung, Unterdrückung und Assimilierung zurück. In jüngerer Zeit sei aber eine Verbesserung der Lage festzustellen, so der Kirchenführer. "Wir haben einen guten Dialog mit dem Staat." Mit hohen türkischen Vertretern bestehe ein Besucheraustausch, und auch in den Medien stelle er "gute Entwicklungen im Sinne eines Dialogs" fest. Heute werde über Christen und Minderheiten auch in positiver Form berichtet.

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