Adventistische Märtyrerschicksale im Osmanischen Reich

Berlin/Deutschland | 22.11.2006 | APD | Religionsfreiheit

An Märtyrerschicksale von Siebenten-Tags-Adventisten im früheren Osmanischen Reich erinnerte der Leiter des Historischen Archivs der Siebenten-Tags-Adventisten in Europa, Dr. Daniel Heinz (Friedensau bei Magdeburg), in der November-Ausgabe der Zeitschrift der deutschsprachigen Adventisten "Adventecho". Der Völkermord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg und ein letzter Vernichtungsschlag gegen Christen in Kleinasien im Jahr 1921 hätten auch die Adventisten betroffen. "Von 350 Gemeindegliedern in der Türkei im Jahr 1914 haben über 250 in den darauf folgenden Jahren ihr Leben verloren", schrieb Heinz. "Einige traten zum Islam über, um ihr Leben zu retten."

Eines der ersten Opfer war Zadour G. Baharian, der sich 1890 den Adventisten anschloss und 1894 der erste einheimische ordinierte Pastor der Freikirche im Nahen Osten war. "Er wurde 1915 auf einer Missionsreise bei Sivas von türkischen Soldaten ermordet." Baharian habe Christus abschwören und auf der Stelle zum Islam konvertieren sollen. "Als er sich widersetzte und die Hände zum Gebet faltete, wurde er kaltblütig erschossen." Seine Kleidung und Schuhe hätten die Mörder auf dem Marktplatz verkauft. Weitere adventistische Pastoren seien Baharian, zum Teil mit ihren Familien, in den Tod gefolgt. Daniel Heinz nennt in seinem Artikel E. Ayvazian, B. Touzdjian, M. Ashikian, H. Apovian, H. Shadarevian, O. Pirenian und Diran Tcherakian. "Wer nicht gleich umgebracht worden war, starb auf Todesmärschen. Die Gefangenen wurden so lange ohne Wasser und Verpflegung durch unwegsame Gebirge und Wüsten getrieben, bis sie zusammenbrachen und in der Gluthitze verendeten."

Diran Tcherakian, der berühmte armenische Lyriker und Hochschullehrer, der 1921 als adventistischer Wanderprediger Anatolien durchzog, um die bedrohten und verängstigten Gemeindeglieder zu trösten, habe auf diese Weise den Tod gefunden. "Seit 1915 war Tcherakian, der einst rastlose und suchende Dichter, ein glühender Adventist", berichtete Heinz. "Nach dem Tod von Baharian trat der 40-Jährige als geistlicher Hirte der armenischen Adventisten in Erscheinung, bis er selbst 1921 in Konya festgenommen und verurteilt wurde, weil er vor Gericht nicht zum Widerruf seines Glaubens bereit gewesen war." Die mit ihm angeklagten beiden Adventisten seien gleich erschossen worden. Für Tcherakian habe am 14. April 1921 das Martyrium begonnen. "Monatelang musste er zu Fuss und in Ketten, von berittenen türkischen Milizionären geschlagen und gefoltert, durch das karge Bergland Anatoliens ziehen. Man beraubte ihn nach und nach aller seiner Habseligkeiten. Die Bibel immer fest umklammert, tröstete er die Gefangenen, die sich um ihn scharten." Etwa eintausend Kilometer habe die Strafkolonie zurückgelegt, bis sie Anfang Juni die Stadt Diyarbakir am Ufer des Tigris erreichte. Die todbringende syrische Wüste lag nun vor ihnen. Dort sei Tcherakian, vom Fieber geschüttelt, gestorben. "In einem letzten Bekenntnis bat er seine Gefährten, zusammenzuhalten und nicht nachzulassen im Glauben und in der Liebe."

Die Tätigkeit der Siebenten-Tags-Adventisten im Osmanischen Reich begann mit dem aus den USA kommenden Laienmissionar Theodore Anthony, der 1889 im damaligen Konstantinopel (Istanbul) eintraf. Sein tiefer Glaube beeindruckte den Armenier Zadour G. Baharian, sodass er sich 1890 den Adventisten anschloss. Baharian absolvierte eine zweijährige Ausbildung am adventistischen theologischen Seminar in Basel und kehrte 1892 selbst als Missionar in die Türkei zurück. 1909 übernahm der Schweizer Pastor Emil E. Frauchiger in Konstantinopel die Leitung der Freikirche in der Türkei. In Istanbul wurde 1910 auch ein theologisches Seminar eröffnet. 1909 kamen bei den Massakern gegen Christen in Kilikien auch sechs Adventisten in Adana und Tarsus ums Leben. Die Freikirche nannte sich damals Osmanische Mission der Siebenten-Tags-Adventisten und zählte beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges rund 350 erwachsen getaufte Mitglieder.

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