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Islamgelehrte verdammen Mädchenverstümmelung

Kairo/Ägypten | 05.12.2006 | APD | Gesundheit & Ethik

In ihrem Kampf gegen die grausame Beschneidung von Mädchen in islamischen Staaten hat die von den deutschen Menschenrechtlern Rüdiger Nehberg und Annette Weber geleitete Menschenrechtsorganisation "Target" einen grossen Erfolg erzielt.

Höchste islamische Würdenträgern kamen Ende November auf einer von "Target" organisierten internationale Konferenz in Kairo zum Ergebnis, dass die weibliche Genitalverstümmelung gegen die höchsten Werte des Islams verstosse und deshalb ein strafbares Verbrechen sei. Der Beschluss der Kairoer Konferenz gilt als Fatwa, als islamisches Rechtsgutachten.

Die islamischen Gelehrten und medizinischen Wissenschaftler haben im Rahmen dieses Kongresses an der Kairoer Azhar-Universität über das heikle Thema der Genitalverstümmelung bei Mädchen und die Position des Islam zu diesem Brauch beraten.

Zu den Kongressteilnehmern zählten der Grossscheich der Azhar, Professor Dr. Tantawi, der Grossmufti von Al Azhar, Professor Dr. Ali Goma’a, der ägyptische Religionsminister Professor Dr. Zakzouk und Scheich Qaradawi aus Qatar sowie Islamgelehrte aus Europa, Asien und Afrika. Grossmufti Ali Goma’a, höchster Richter für Islamisches Recht, hatte die Schirmherrschaft übernommen.

Nach Angaben von "Target", die den Kongress auch finanzierte, werden täglich 8.000 Mädchen genital verstümmelt. Weltweit würden 150 Millionen Frauen an dem damit verbundenen Trauma leiden.

Der Grossmufti von Al Azhar stellte in Kairo fest: "Die Genitalbeschneidung bei Frauen ist eine ererbte Unsitte, ohne Grundlage im Koran beziehungsweise einer authentischen Überlieferung des Propheten. Daher müssen die Praktiken unterbunden werden in Anlehnung an einen der höchsten Werte des Islam, nämlich den Menschen unbegründet keinen Schaden zufügen zu dürfen. Vielmehr wird dies als strafbare Aggression gegenüber dem Menschengeschlecht erachtet, mit verheerenden Konsequenzen für die Gesellschaft. Die legislativen Organe werden aufgefordert, diese grausame Unsitte als Verbrechen zu deklarieren."

Auf der Konferenz berichtete der Imam Diallo aus Mali, dass er seines Amtes als Grossmufti enthoben wurde, als er es vor wenigen Jahren wagte, gegen die Tradition der Mädchenbeschneidung in seiner Heimat anzutreten. Er sei zwei Wochen lang unter Polizeischutz gestellt worden. "Helfen Sie mir, diesen Beschluss von Kairo in meinem Land bekannt zu geben. Ich lade die Religionsführer aus allen zwanzig westafrikanischen Ländern dazu ein," sagte er.

Während der Tagung sei insbesondere die Frage geklärt worden, ob es im Koran eine verbindliche Aufforderung des Propheten gebe, Mädchen zu verstümmeln. Die Gelehrten kamen unter anderem darin überein, dass nach einem bestimmten "Hadith" (Überlieferung von Worten oder Taten des Propheten Mohammed) die "leichte" Beschneidung von Frauen eine wünschenswerte Praxis sei. Dieser Hadith sei allerdings als "wenig glaubwürdig" einzustufen.

"Target" wurde im Jahre 2000 in Deutschland mit dem Ziel gegründet, zu erreichen, dass die Weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation/FGM) geächtet und beendet wird. Dieses Verbrechen an Frauen wird vor allem in afrikanischen Ländern praktiziert; in einigen bereits seit über 5000 Jahren, unabhängig von Religion und Volkszugehörigkeit. Die Menschenrechtsorganisation verfügt über einen hoch qualifizierten Beraterstab. Dazu zählen Mediziner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats der Muslime, des Auswärtigen Amtes, des Deutschen Orient-Instituts Hamburg sowie in einigen Staaten auch die Botschaften der Bundesrepublik Deutschland. Die Organisation "Target" finanziert sich ausschliesslich durch Spenden.

Direkter Link zu "Target": http://www.target-human-rights.com/index.php

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