Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Eurpa

Europa: Wachsendes Interesse an protestantischer Haltung in Gesellschaftsfragen

Bern/Wien | 15.04.2008 | APD | Ökumene

Der Schweizer Pfarrer und geschäftsführende Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), Thomas Wipf (Bern), würdigte die vor 35 Jahren unterzeichnete "Leuenberger Konkordie" als für die ganze Ökumene zukunftsweisend. Gleichzeitig betonte Wipf in einem Interview die Notwendigkeit einer gemeinsamen Wertebasis der EU. In Bezug auf die aktuellen Erweiterungsüberlegungen der EU gebe es keine Alternative zum Versuch, aufeinander zuzugehen. Der Winterthurer Wipf ist seit 1999 vollamtlich als Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) tätig.

"Die Evangelischen in Europa haben den Weg aufgezeigt, der es möglich macht, sich gegenseitig als Kirche anzuerkennen," Damit habe das Gründungsdokument der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), die Leuenberger Konkordie, zukunftsweisenden Charakter, so Pfarrer Thomas Wipf. Die vor 35 Jahren unterzeichnete Konkordie stelle die evangelischen Kirchen in Europa auf eine "tragfähige gemeinsame Basis". Nun gehe es darum, "noch viel mehr Miteinander zu wagen". Auf der Grundlage des in der Konkordie dargelegten gemeinsamen Verständnisses des Evangeliums gewähren die inzwischen 105 Unterzeichnerkirchen einander Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Sie verpflichten sich ferner zu gemeinsamem Zeugnis und Dienst auf lokaler, regionaler und europäischer Ebene sowie zur theologischen Weiterarbeit.

Laut Wipf gibt es ein wachsendes Interesse an der protestantischen Sicht zu gesellschaftlichen Fragen. Die GEKE setze dabei mit ihren "Regionalgruppen" auf ein Engagement von der Basis aus. In den Gruppen arbeiten Mitgliedkirchen bestimmter Regionen eng zusammen. Damit werde dem Bedürfnis nach einer "protestantischen Stimme" grenzüberschreitend entsprochen. Die GEKE betrachte jedoch verstärkt auch die gesamteuropäische Dimension dieser Stimme als ihren Auftrag.

Bezüglich der Zukunft der EU betonte Wipf, die Staatengemeinschaft müsse sich auch auf solche Werte berufen können, "die aus einer anderen Quelle kommen als die, die der Staat in einer Verfassung dekretieren kann." Nur wenn sich die EU auf eine gemeinsame Wertebasis stützen könne, werde sie Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit weiter entwickeln. In diesem Zusammenhang müssten mit Beitrittskandidaten alle Probleme offen angesprochen werden. Dies geschehe zum Beispiel gerade mit der Türkei. Prinzipiell aber gebe es "keine Alternative zum Versuch, aufeinander zuzugehen".

Der Präsident der GEKE drückte im Interview die Hoffnung aus, dass es einmal "so etwas wie eine weltweite Gemeinschaft evangelischer Kirchen" geben könnte. Dabei verwies Wipf auf sieben Kirchen im Mittleren Osten, die sich zur "Gemeinschaft Evangelischer Kirchen im Mittleren Osten" (FMEEC), einer der GEKE ähnlichen Gemeinschaft, zusammengeschlossen haben. Zur FMEEC, welche 2006 die "Erklärung von Ammann der Lutherischen und Reformierten Kirchen im Mittleren Osten und Nordafrika" veröffentlicht hat, bestünden bereits Kontakte. Die Geschichte dieser Kirchen zeige, "wie das Leben die theologischen Grenzen sprengen kann".

Die "Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa" in ihrem endgültigen Wortlaut wurde im März 1973 im reformierten Tagungszentrum auf dem Leuenberg in Hölstein bei Basel erarbeitet und ist seither als "Leuenberger Konkordie" zu einem protestantischen Schlüsselbegriff geworden.

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