Gewaltwelle gegen Christen in Indien dauert an – Adventistenpastor ermordet

Bhubaneswar, Orissa/Indien | 27.08.2008 | APD | Religionsfreiheit

Im Bundesstaat Orissa im Osten Indiens, der als Hochburg militanter Hindu-Gruppen gilt, ist die Gewalt zwischen Hindus und Christen wieder aufgeflammt. Über die Zahl der Opfer gibt es widersprüchliche Angaben. Einige Quellen berichteten von bislang mindestens zehn Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Tausende von Christen seien geflüchtet. Laut Polizeiangaben wurden auch Kirchen und Wohnhäuser in denen Christen wohnten in Brand gesteckt.

Am 26. August wurden im Distrikt Kandhamal der Pastor der adventistischen Kirchengemeinde Phulwani, M. Samuel Naik, und seine Mutter von nationalistischen Hindus bei lebendigem Leib verbrannt, berichtete Gordon Christo von der südasiatischen Kirchenleitung der Adventisten. Auf eine adventistische Grundschule in Jeypore wurde ein Anschlag verübt.

Auslöser für die jüngste Gewaltwelle in Ost-Indien ist der Anschlag auf einen Hinduführer, bei dem in Kandhamal vergangene Woche insgesamt fünf Menschen getötet wurden. Die Hindus machen Christen verantwortlich. Die Polizei vermutet jedoch maoistische Rebellen hinter der Tat. Jüngsten Medienberichten zufolge haben maoistische Rebellen inzwischen die Verantwortung für die Ermordung des Hindu-Führers Swami Lakshmanananda Saraswati übernommen. Dies sei die Strafe für eine unerlaubte "Vermischung von Religion und Politik" gewesen, hiess es.

Aus Protest gegen die Übergriffe auf Christen schlossen die katholischen Bischöfe Indiens am 22. August alle 14.000 katholischen Schulen und Bildungseinrichtungen im Land. Zugleich riefen sie für diesen Tag zu friedlichen Demonstrationen und Solidaritätsbekundungen auf.

Der katholische Erzbischof von Orissa, Raphael Cheenath, berichtete gegenüber Radio Vatikan über die jüngsten Ausschreitungen: "Hier steht alles in Flammen: Ein Pastoralzentrum, eine Sozialstation, Klöster und Kirchen wurden angezündet." Auch das Bischofshaus sei angegriffen worden. Zwei Priester seien entführt worden und seither verschwunden. Die Ordnungskräfte seien zwar vor Ort, erreichten aber kaum etwas, so der Erzbischof. Einige Priester und Ordensfrauen habe die Polizei schützen können. Andere seien mit den Worten weggeschickt worden: "Helft euch selbst, wir können es nicht."

Der Vatikan verurteilte die Feindseligkeiten und appellierte an das Verantwortungsgefühl aller Beteiligten, den Übergriffen ein Ende zu setzen. Es müsse wieder ein Klima des Dialogs und des gegenseitigen Respekts entstehen. Kardinal Jean-Louis Tauran, Präsident des Päpstlichen Rats für Interreligiösen Dialog, wies jedoch darauf hin, dass nicht die Glaubensgemeinschaften sondern einzelne Anhänger die Religion für ihre Zwecke missbrauchten.

Der Chef des nationalistischen Hindu-Rates Vishwa Hindu Parishad (VHP) machte die Christen selbst für die Gewaltwelle verantwortlich. Sie hätten die Angriffe inszeniert, um Hindus die Schuld zu geben, sagte der geschäftsführende VHP-Präsident Shri Vedantam. Anschuldigungen gegen Hindus nannte er "alles Lügen" und sprach seinerseits von einem "Krieg" der Christen gegen Hindus.

Seine eigene Hindu-Vereinigung VHP nannte Vedantam eine "friedliche Organisation". Hauptverantwortlich für interreligiöse Konflikte seien christliche Missionare. Sie lockten mit dem Versprechen von Geld und medizinischer Hilfe Kastenlose und "Tausende armer unschuldiger Hindus" in die Kirche und unterzögen sie dort einer Gehirnwäsche.

In Orissa sind 94 Prozent der Bevölkerung Hindu. Nur rund von 2,4 Prozent gehören christlichen Kirchen und Gemeinschaften an. Die Kirchen berichten immer wieder von vielen Bekehrungen, vor allem unter den armen, von den Bürgern der Städte ausgenutzten Stammesbevölkerungen sowie unter den Kastenlosen.

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