US-Kommission für Religionsfreiheit fordert von der Türkei Rückgabe von Kirchenbesitz

Washington D.C./USA | 12.09.2008 | APD | Religionsfreiheit

Die zwischenstaatliche U.S. Kommission für internationale Religionsfreiheit (USCIRF) hat die Türkei aufgefordert, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (ECHR) zur Rückgabe enteigneten Besitzes an das Ökumenische Patriarchat umzusetzen. "Dies ist eine wegweisende Entscheidung für die Rechte aller religiösen Minderheiten in der Türkei, auch deshalb, weil es das Patriarchat als Rechtsperson anerkennt", erklärte die Kommission am 9. September in einer Stellungnahme. Die US-Regierung müsse die türkische Regierung drängen, ihr Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit durch die Umsetzung des Urteils zu demonstrieren, sagte die Kommissionsvorsitzende Felice D. Gaer.

Bereits im Juli hatte der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama hat in einem Interview mit dem griechischen Programm der "Voice of America" an die türkische Regierung appelliert, die Rechte und Freiheiten des Ökumenischen Patriarchats zu garantieren. Insbesondere forderte Obama die Regierung in Ankara auf, dem Patriarchat enteignete Immobilien zurückzugeben und die Wiedereröffnung der Theologischen Fakultät und des Priesterseminars auf der Insel Chalki zu ermöglichen.

Die US-Kommission ist eine halbstaatliche Organisation, die 1998 vom amerikanischen Kongress ins Leben gerufen wurde. Sie befasst sich mit der Verletzung der Religionsfreiheit in aller Welt und prangert Verstösse an. Leitender USCIRF-Direktor ist der Jurist James D. Standish.

Der Strassburger Menschenrechtsgerichtshof hatte im Juli einer Klage des Patriarchats gegen die Enteignung des kirchlichen Waisenhauses auf der Prinzeninsel Büyük Ada stattgegeben, das 1996 vom Staat unter bestimmten Vorwänden beschlagnahmt worden war. Die Richter verurteilten die Enteignung als Verletzung des Rechts auf Eigentum.

Die Strassburger Entscheidung löste bei den christlichen Kirchen in der Türkei Hoffnung aus, weil sie als Präzedenzentscheidung für zahlreiche ähnlich gelagert Fälle gilt. Bei dem Waisenhaus handelt es sich um eine von Tausenden Immobilien, die den christlichen und Kirchen entzogen worden sind. Allerdings ist man im Phanar skeptisch, ob das Urteil auch umgesetzt wird und eine materielle Rückgabe an die Kirche oder eine entsprechende Kompensationszahlung erfolgt.

Konkret ging es in dem Prozess um eine Liegenschaft auf der Insel Büyük Ada im Marmara-Meer, die das orthodoxe Patriarchat im Jahr 1902 erworben hatte. Das Villen-Gebäude hatte zuvor als Hotel gedient; jahrzehntelang wurde es von der Kirche als Waisenhaus genutzt, bis es 1963 bei einem Grossbrand geräumt werden musste. Eine Renovierung wurde durch bürokratische Winkelzüge verhindert. 1996 beschlagnahmte der türkische Staat die Liegenschaft mit der Begründung, dass sie nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck genutzt werde.

Alle Klagen des Ökumenischen Patriarchats vor türkischen Gerichten blieben ergebnislos. Zuletzt war die Kirche vor vier Jahren in letzter Instanz vor dem Obersten Berufungsgerichtshof der Türkei unterlegen. Im vergangenen Jahr zog das Patriarchat schliesslich vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

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