Papst spricht zur Weltbischofssynode in Rom Foto: CNS/US Bischofkonferenz

Papst erwartet neue Bibel-Offensive und Erneuerung der katholischen Universalkirche

Rom/Italien | 26.10.2008 | APD | Ökumene

Papst Benedikt XVI. erwartet sich von der XII. Weltbischofssynode zum Thema Bibel eine Erneuerung der Universalkirche und aller Christen. Zu Beginn des neuen Jahrtausends sei es vorrangige Aufgabe der Kirche, dem Wort Gottes durch eine Neuevangelisierung wirksam Geltung zu verschaffen, sagte der Papst in seiner Predigt im römischen Petersdom zum Abschluss der Synode. Das gehörte Wort Gottes üsse "in Gesten der Nächstenliebe umgesetzt werden; denn nur so wird das Evangelium angesichts der menschlichen Schwäche glaubwürdig".

Dem Appell für eine neue Bibel-Offensive fügte Benedikt XVI. auch eine Absage an jeden Fundamentalismus bei. Denn dieses Wort sei nicht nur Fundament der Kirche, sondern bestimme auch das Verhalten der Gläubigen zu ihren Mitmenschen: für eine gerechte, friedliche und solidarische Welt. Zudem bilde die Bibel als "Codex der Weltkultur" die Grundlage für den kirchlichen Dialog mit der Welt und ihren Kulturen, Religionen und Weltanschauungen.

Wie es im Abschlussbericht der Katholischen Presseagentur KIPA heisst, trugen 253 Bischöfe aus aller Welt und 100 weitere Experten, Beobachter und Gäste während drei Wochen alles zusammen, was die katholische Kirche an der Bibel beschäftigt. Von Anfang an sei deutlich gewesen, dass das Christentum keine Buchreligion und die Heilige Schrift kein starrer Buchstabe sei, sondern der menschgewordene Christus. Das unterscheide das Christentum von Islam und Judentum. Wobei das gemeinsame Alten Testaments den Dialog mit dem Judentum zur Pflicht und zur "Natur" der Kirche mache. Auch mit den Muslimen empfehle sich der Dialog, aber in Gegenseitigkeit und mit Blick auf Lebensschutz, Menschenrechte und Frauenwürde.

In 55 Abschlussthesen, den "Propositiones", haben die Synodalen das Ergebnis ihrer Beratungen zusammengefasst. Der Original-Text (auf Latein) wurde dem Papst übergeben. Für die Nacharbeit der Bischofssynode wurde ein aus 15 Mitgliedern bestehender Bischofsrat bestimmt. Zu seinen Aufgaben gehört vor allem die Unterstützung des Papstes bei der Abfassung des nachsynodalen Schreibens, mit dem die Ergebnisse des dreiwöchigen Bischofstreffens zusammengefasst werden. Anders jedoch als bei früheren Synoden wurden die Thesen diesmal veröffentlicht.

Papst Benedikt XVI. nahm als konzentrierter, aufmerksamer Zuhörer regelmässig an den Synodensitzungen teil und meldete sich gelegentlich zu Wort. Gleich zweimal brach er dabei eine Lanze für die historisch-kritische Bibel-Exegese, die der Mehrheit der Synodalen suspekt schien. Zwar wird diese wissenschaftliche Methode in den Propositiones bestätigt. Dennoch griff Benedikt XVI. das strittige Thema nochmals in seiner Schlussrede auf. "Die Heilige Schrift ist das Wort Gottes - in menschlichen Worten", stellte er klar. Daher muss die Schriftlesung der historischen Dimension Rechnung tragen. Und die Bibel muss "in ihrer Einheit, in der Tradition der Kirche und im Licht des Glaubens" gelesen werden.

Die Propositiones setzen sich ferner mit der Bedeutung der Heiligen Schrift in der Liturgie, für Versöhnung, Umkehr und Zeugnis gegenüber den Armen auseinander. Die Synodalen forderten mehr Bibelübersetzungen und eine bessere Ausbildung für Prediger und Verkünder in der katholischen Kirche. Dass dabei die Öffnung des Lektorendienstes auch für Frauen gefordert wurde, sorgte für eine gewisse Überraschung. Diese verbreitete Praxis sei noch nicht offiziell bestätigt, wussten Experten. Weiter folgten Empfehlungen zum Verhältnis von Bibel und Kultur, Krankenpastoral, Familie, Medien, gegen das weitere Vordringen von Sekten.

Die klassischen Reizthemen der katholischen Kirche wie Zölibat, Priesterweihe der Frau oder Kommunionempfang für abtreibungsbereite Politiker kamen auf der Synode nicht zur Sprache. Die Bischofsversammlung suchte auch nach neuen Wegen. Erstmals sprachen ein nicht-katholisches Kirchenoberhaupt, der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., und ein Rabbiner, Shear-Yashuv Cohen. Ferner gab es für die Synodalen ein Konzert zum Paulus-Jahr, einen Film zum Wahltag von Johannes Paul II. und eine Gedenkmesse für Pius XII. Dadurch wurde die Arbeitszeit für die Arbeitsgruppen knapp. Beim abschliessenden Mittagessen äusserte Benedikt XVI. daher Mitgefühl mit den Synodalen, die teilweise um ihre verdiente Abend- und Sonntagsruhe gebracht wurden.

Für die nächste Weltbischofssynode sind bisher weder Termin noch Thema bekannt. Zuvor findet im Oktober 2009 jedoch eine zweite Afrika-Synode statt. Zu deren Vorbereitung reist Benedikt XVI. im kommenden März erstmals auf den Schwarzen Kontinent, nach Kamerun und Angola.

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