Nur ein Konzil kann die Zölibatsvorschrift ändern

Stuttgart/Rom | 19.11.2008 | APD | Ökumene

Nur ein weltweites Konzil kann nach den Worten des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, die Zölibatsvorschrift für die katholischen Priester des lateinischen Ritus ändern. Bei einer Diskussionsveranstaltung der Ulmer "Südwest Presse" nannte es Zollitsch eine Illusion zu glauben, dass sich in dieser Frage in absehbarer Zeit etwas ändere. Da die römisch-katholische Kirche die ganze Welt umfasse, müssten Neuerungen auch auf dieser Ebene Bestand haben können.

Bereits im Januar 2008, wenige Tage nach seinem Amtsantritt, sprach sich Zollitsch "gegen Denkverbote" beim Thema Zölibat aus. In einem SPIEGEL-Gespräch betonte der Erzbischof, dass die Verbindung zwischen Priestertum und Ehelosigkeit "nicht theologisch notwendig" sei.

In der römisch-katholischen Kirche wird der Zölibat vor der Weihe zum Diakon durch den Canon 277 des kirchlichen Gesetzbuchs "Codex Iuris Canonici" vorgeschrieben. Er gehört zu den sogenannten Disziplinen, die keine Glaubensdinge, sondern theoretisch veränderbar sind. Gleichzeitig hat der Zölibat eine in die ersten Jahrhunderte der Kirche zurückgehende Tradition und in der heutigen Kirche hohes Ansehen.

In Ost- und Westkirche entstand allerdings über die Jahrhunderte eine unterschiedliche Praxis: Während in der Ostkirche Weltpriester meist verheiratet sind, hat sich in der Westkirche (lateinischer Ritus) der Zölibat auch für Diözesanpriester durchgesetzt. Für beide kirchliche Traditionen gilt jedoch, dass alle Bischöfe ehelos sein müssen und geweihte Priester nicht heiraten dürfen.

Die Regelung der verpflichtenden Ehelosigkeit wurde durch die gesamte Kirchengeschichte hindurch kontrovers diskutiert. Erfolglose Initiativen zur Aufhebung des Pflichtzölibats wurden bereits im 15. Jahrhundert sowohl auf dem Konzil von Konstanz als auch auf dem Konzil von Basel unternommen. In der Bischofssynode in Rom von 2005 wurde der Zölibat zwar thematisiert, aber eine Mehrheit zur Reform fand sich unter den Bischöfen nicht. Im Jahre 2006 bestätigte der Präfekt der Kongregation für den Klerus, Kardinal Claudio Hummes, dass der Zölibat kein Dogma sei.

Entschieden wies der Vorsitzende des deutschen Episkopats einen Zusammenhang zwischen der Verpflichtung zur Ehelosigkeit für Priester und Fällen von Kindesmissbrauch in der römisch-katholischen Kirche zurück. Pädophilie sei eine Krankheit, und sie habe mit der Frage von Ehelosigkeit "nichts zu tun". Diese Einschätzung hätten ihm viele Psychologen bestätigt.

Ende Oktober hatte die Kongregation für das Katholische Bildungswesen "Leitlinien für die Anwendung der Psychologie bei der Aufnahme und Ausbildung von Priesterkandidaten" veröffentlicht. Bei der Vorstellung des Dokuments erklärte der Präfekt der Kongregation, Kardinal Zenon Grocholewski, es sei wichtig, dass die Kandidaten den Zölibat und die sexuelle Enthaltsamkeit nicht nur als aufgezwungene Pflicht betrachteten. "Die Keuschheit um des Himmelreiches willen" sei mehr als „das bloße Fehlen sexueller Beziehungen". Hierbei könnten sich psychologische Beratungen in einigen Fällen als hilfreich erweisen. Es sei zu bedenken, dass der Kandidat den Zölibat nicht als eine so schwere Verpflichtung erleben dürfe, dass sein emotionales und beziehungsmäßiges Gleichgewicht gestört werde.

Die Psychologen, die bei der Priesterausbildung oder -auswahl tätig sind, sollten nach Worten des Kardinals von einem Menschenbild geleitet sein, das die christliche Sicht vom Menschen, von der Sexualität, der Priesterberufung und vom Zölibat teile.

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