Marokko: Fünf ausländische Christen wegen Proselytismus ausgewiesen

Rabat/Marokko | 15.04.2009 | APD | Religionsfreiheit

Die marokkanischen Behörden haben fünf evangelische Christen wegen "Proselytismus" (Abwerbung von Gläubigen) ausgewiesen. Es handele sich um vier spanische Staatsbürgerinnen und eine deutsche Staatsbürgerin. Die Christinnen befanden sich unter 23 ausländischen Touristen und Einheimischen, die bei einer Polizeirazzia in Casablanca festgenommen wurden. In dem Versammlungslokal wurden Bibeln, christliche Literatur, Videokassetten sowie weitere "Kultgegenstände" beschlagnahmt, heisst es in einer Mitteilung des marokkanischen Innenministeriums. Regierungssprecher Khaled Naciri erklärte, Marokko garantiere die
Religionsfreiheit, Proselytismus und Evangelisierung seien aber nicht möglich.

Der katholische Erzbischof von Rabat, Vincent Landel, und der Präsident der Evangelischen Kirche in Marokko (EEAM), Pastor Jean-Luc Blanc, erklärten übereinstimmend, dass die Kirchen in Marokko "jegliche Aktivität des Proselytismus" ablehnen. Es gebe keine Verbindungen zwischen den offiziellen Kirchen und den ausgewiesenen christlichen Missionsarbeiterinnen. Erzbischof Landel sagte, die Aufgabe der römisch-katholischen Kirche in Marokko bestehe darin, den Christen zu helfen, ihren Glauben zu leben, ihnen aber auch bewusst zu machen, dass sie sich
in einem muslimisch geprägten Land aufhalten. Es gehe darum, mit den Muslimen einen Dialog aufzunehmen und sie zu respektieren. Dieser Dialog schliesse aber "alle Arten von Proselytismus" auf intellektueller oder theologischer Ebene aus.

Der Vorsitzende des marokkanischen Zentrums für die Menschenrechte, Khalid Cherkaoui Semouni, begrüsste die Ausweisung der christlichen Missionshelferinnen: So wie die westlichen Länder die Laizität und den christlichen Glauben gegen die islamistische Propaganda verteidigen
würden, habe auch Marokko das Recht, seine Religion vor den christlichen Missionaren zu schützen.

Die Angaben der marokkanischen Behörden stünden allerdings in krassem Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten. Nach gut informierter Quelle handelte es sich bei dem Treffen in diesem Versammlungslokal ausschliesslich um Christen, die sich zum Bibelstudium getroffen haben. Viele der als "Kriminelle" verhafteten Frauen gehörten zudem der gleichen Familie an. Die Ausübung des christlichen Glaubens ist nach marokkanischem Verfassungsrecht ausdrücklich gewährleistet, so die Nachrichtenagentur "Compass Direct News".

Die über 100 Jahre alte Evangelische Kirche in Marokko, die früher Evangelisch-Reformierte Kirche von Frankreich hiess, ist heute eine bunte Kirche, in der sich heute in Marokko lebende Protestanten verschiedener Länder und unterschiedlichster Kirchen versammeln.

Das Königreich Marokko zählt rund 32 Millionen Einwohner. Rund 99 Prozent sind Muslime, davon 90 % Sunniten. Ferner gibt es etwa 69‘000 Christen und 8‘000 Juden.

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