Schweizer Juristen schlagen neuen Toleranz-Artikel in Verfassung vor

Bern/Schweiz | 13.12.2009 | APD | Dokumentation

Die Rechtsprofessoren Jörg Paul Müller vom Vordenker-"Club Helvétique" (CH) und Daniel Thürer von der Universität Zürich haben einen konkreten Vorschlag für einen neuen "Toleranz-Artikel" in der Bundesverfassung vorgelegt, der Sorgen der Minarettgegner und die Themen Burka, Zwangsheirat und Mädchenbeschneidung aufgreift. Das berichtet die von der AZ Medien Gruppe herausgegebene Zeitung "Sonntag" vom 13. Dezember.

Mit dem "Toleranz-Artikel" wolle man die "legitimen Bedürfnisse der Befürworter der Minarettinitiative aufnehmen", dies aber in einer Form von allgemeinen, "nicht diskriminierenden Regeln", sagen die beiden. Auf ein Urteil der Gerichte zu warten, halten die Professoren für "verfehlt", es gehe vielmehr um "ein Problem, das unsere Demokratie selber lösen kann und muss". Sie halten das Minarettverbot zwar für "rechtsgültig", es habe sich aber "immer wieder gezeigt, dass auch demokratisch zustande gekommene Entscheide später wieder der Korrektur bedürfen".

Wörtlich heisst es im von den Juristen vorgeschlagenen Verfassungstext, den die Zeitung "Sonntag" zitiert: "Die Religionsgemeinschaften nehmen in ihrer Darstellung im öffentlichen Raum, etwa bei Gebäuden, Aufrufen, Kleidervorschriften oder Symbolen aufeinander und auf das Empfinden und das Wohl der übrigen Bevölkerung Rücksicht." Und weiter: "Sie vermeiden ein bedrängendes Auftreten." Damit sei zum Beispiel "aggressives Missionieren" gemeint, schreiben die Rechtsprofessoren laut der Zeitung in ihrem Kommentar zum Toleranz-Artikel.

Abzulehnen sei auch das öffentliche Auftreten in Kleidungen, "die Angst einflössen könnte". Das könne etwa bei "extremen Formen der Verschleierung" der Fall sein. Also bei der Burka. Die Juristen kommen auch den Minarett-Gegnern entgegen: Bauten, die "unangemessen den Geltungs- und Machtanspruch einer Religionsgemeinschaft ausdrücken", seien ebenfalls abzulehnen.

Zudem verpflichtet der Toleranz-Artikel religiöse Gruppierungen, die Demokratie und die Menschenrechte zu respektieren. Damit seien "Praktiken wie Mädchen-Beschneidung und Zwangsheirat" angesprochen, heisst es laut dem "Sonntag" im Kommentar der Staatsrechtler.

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