Hamburger Bischöfin Jepsen zurückgetreten <br> Konsequenz aus Vorwürfen im Zusammenhang mit Missbrauchsfall

Hamburg/Deutschland | 16.07.2010 | AFP/dpa/epd-ö/APD | Ökumene

Die Bischöfin der Nordelbischen Kirche in Deutschland, Maria Jepsen, hat ihren Rücktritt erklärt. Die 65-Jährige begründete diesen Schritt am 16. Juli vor Journalisten in Hamburg damit, dass ihre Glaubwürdigkeit angezweifelt werde und sie deshalb ihr Amt nicht mehr ausüben könne. Wörtlich sagte sie: "Ich habe mich verstanden als eine leitende Geistliche, der für die eigene Nordelbische Kirche und für die Ökumene Verantwortung übertragen wurde. Ich habe das Gespräch und die Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Religionen gesucht und versucht, den Menschen in Stadt und Land nahe zu sein, hörend, handelnd und betend. Fein und lieblich ist augenblicklich fast gar nichts in meinem bischöflichen Amt. Meine Glaubwürdigkeit wird angezweifelt. Von daher sehe ich mich nicht in der Lage, die frohe Botschaft so weiterzusagen, wie ich es bei meiner Ordination und bei meiner Bischofseinführung vor Gott und der Gemeinde versprochen habe."

Der Bischöfin war vorgeworfen worden, sie habe auf Missbrauchsvorwürfe gegen einen Pastor in Ahrensburg nicht angemessen reagiert.

Dem Pastor wird vorgeworfen, in den 70er und 80er Jahren eine Vielzahl von Jugendlichen sexuell missbraucht haben, 1999 wurde der Geistliche aus der Gemeinde genommen, ohne dass diese die Gründe erfuhr. Jepsen gab an, erst vor kurzem von dem sexuellen Missbrauch erfahren zu haben. Dagegen legte vor einer Woche eine Zeugin eine eidesstattliche Versicherung vor, nach der sie bereits 1999 mit Jepsen über den Missbrauch gesprochen haben will.

Die Kirchenführung hatte die Vorwürfe gegen die bekannte Bischöfin stets vehement zurückgewiesen. Nordelbiens Bischof Gerhard Ulrich sagte am Freitag in Hamburg, Jepsens persönlicher Entschluss habe eine "besondere Tragik", da sie mit ihrem Schritt Verantwortung für etwas übernehme, "dass ihr in keiner Weise als persönliche Schuld angelastet werden kann und darf". Sie habe "gerade auch in Fragen des Umgangs mit sexuellem Missbrauch" in ihrem Verantwortungsbereich alles getan, was nötig gewesen sei.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat den Rücktritt der Hamburger Bischöfin Maria Jepsen bedauert. "Frau Jepsen hatte immer eine Sensibilität dafür, dass die Opfer im Vordergrund stehen müssen", sagte Schneider. Er könne verstehen, dass manche Menschen irritiert seien, weil nach der früheren EKD-Ratsvorsitzenden Margot Kässmann und dem katholischen Augsburger Bischof Walter Mixa nun erneut eine führende Person in der Kirche ihr Amt niederlege. Schneider betonte aber auch: "Es zeigt sich, dass evangelischerseits die Bereitschaft sehr ausgeprägt ist, Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen zu ziehen - und die eigene Person dabei nicht zu schonen."

Jepsen war 1992 zur Bischöfin für den Sprengel Hamburg gewählt worden, damit wurde sie zur weltweit ersten lutherischen Bischöfin.

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