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„Politik der Hoffnung statt Politik der Angst“

Genf | 15.11.2010 | APD | Schweiz

Am 13. November fand in Bern die ChristNetKonferenz 2010 zum Thema „Politik der Hoffnung statt Politik der Angst“ statt. Dabei setzten sich die Teilnehmenden mit den Angstmechanismen in Gesellschaft und Politik auseinander und gingen der Frage nach, wie diese durch die christliche Hoffnung beeinflusst werden können. Bei ChristNet handelt es sich um ein Forum von ChristInnen für Soziales, Wirtschaft, Umwelt, Kultur und Entwicklung.

Auf der Konferenz untersuchten Claude Baecher, Historiker und Studienleiter am mennonitischen Ausbildungszentrum Bienenberg (bei Liestal BL), und der Basler Soziologe Markus Meury, die biblischen Hintergründe bzw. die gesellschaftliche und politische Realität der Angst. In Workshops und einer Podiumsdiskussion kam die Angstthematik in den Bereichen Finanz und Wirtschaft, Staatsverständnis, Ausländer und Kriminalität, sowie Umgang mit dem Islam zur Sprache.

Angst: eine Diagnose
Baecher wies darauf hin, dass der zur Gemeinschaft geschaffene Mensch durch den Sündenfall in den Rückzug fliehe und sich selber genüge. Die Folge seien Einsamkeit, Misstrauen und Egoismus statt Solidarität und Miteinander. Kurz: eine Kultur der Angst. In diesem Umfeld versuche der Mensch, unverletzlich zu werden, indem er Mauern baue und alleine für sein Überleben sorge und Reichtum anhäufen wolle. In dieser Angstspirale werde der Nächste als Bedrohung für die eigene Sicherheit und den eigenen Wohlstand wahrgenommen. Eine ausbeuterische Logik auf Kosten der Schwächsten sei die Folge.

Als Gegenmittel sieht Baecher beispielsweise eine Lebensform, die von Dankbarkeit und gemeinschaftlicher Wirtschaft geprägt ist. Konkret könnten sich Christen verweigern, falsche Sicherheiten auf Kosten der Nächsten mitzutragen und stattdessen die Gemeinschaft mit dem Anderen zu suchen. Auch könnten sie darauf verzichten, Reichtum anzuhäufen und einen gemeinschaftlichen Umgang mit Geld suchen. In der weltweiten christlichen Gemeinde sieht Baecher ein prophetisches Zeichen gegen den Mauerbau. Die Gerechtigkeit versteht er als zentralen Angstkiller, denn „die Sicherheit einer Gesellschaft hängt von der Gerechtigkeit ab, die geübt wird.“

Der Soziologe Meury stellte seinerseits fest, dass in der Schweiz seit den 80er Jahren ein eigentlicher Angsttrend in der Gesellschaft bestehe. So sei das Angstbarometer im langjährigen Schnitt stark angestiegen.

Die Ursachen dafür ortet Meury in einer zunehmenden Desorientierung aufgrund einer globalisierten, im Umbruch befindlichen Welt. So sei ein Trend zu mehr „Swissness“, sowie nationalistischen Tendenzen spürbar. Auch der stärker werdende Zerfall familiärer Strukturen trage zum Identitäts- und Sicherheitsverlust bei.

Gemäss Meury habe das wachsende Misstrauen gegenüber dem Nächsten zu einem Missbrauchsdiskurs geführt, bei dem Bezüger staatlicher Leistungen (IV, Sozialhilfe usw.) unter Generalverdacht gestellt würden. So sei es heute oft wichtiger, Missbräuche zu verhindern, als Hilfe zu gewähren. Wirtschaftlich herrsche eine eigentliche Hungerökonomie, die davon ausgehe, dass wir immer noch mehr anhäufen müssten, um unser Überleben zu gewährleisten.

Die Christen hätten das Potenzial, die Angst dank der lebendigen Hoffnung auf Christus zu überwinden. Sie brauchten keine Angst vor Mangel zu haben, da sie ja darauf vertrauten, dass Gott für sie sorge. „Wer kann die Angst überwinden, wenn nicht wir (Christen)“, fragte Meury.

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