UN-Sonderbotschafter: Zentrale Rolle der Schule für Religionsfreiheit

Genf/Schweiz | 10.03.2011 | APD | Religionsfreiheit

„Die schulische Bildung kann und sollte zur Eliminierung von negativen Klischees beitragen, die oft die Beziehung zwischen den Mitgliedern verschiedener Gruppen vergiften und speziell schädliche Auswirkungen auf Minderheiten haben“, sagte Heiner Bielefeldt, UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit und Weltanschauungsfreiheit, am 10.03.2011, in seinem ersten Bericht vor dem Menschenrechtsrat in Genf.

Demnach hätten Lehrpersonen auf Grund ihrer Autorität bei Kindern einen immensen Einfluss. Mitglieder religiöser Minderheiten seien in spezieller Weise widersprüchlichen Gefühlen ausgeliefert. Einerseits hofften sie, dass die Schule negative Vorurteile abbauen helfe, andererseits fürchteten sie Ausgrenzung oder Mobbing und spürten gar den Druck, sich der Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft anzupassen und ihren Glauben aufzugeben, erläuterte der deutsche Menschenrechtsprofessor.

Er führte in seinem Bericht drei Bereiche des Verhältnisses von Religionsfreiheit und Schule an:

Der Beitrag der Schule bei der Bekämpfung von Vorurteilen gegenüber Minderheiten
Die Angriffe auf religiöse Minderheiten in jüngster Vergangenheit hätten ein erschreckendes Mass an Abneigung und gar Hass offenbart. Sehr kleine Gruppen würden als „gefährlich“ bezeichnet. Sie gefährdeten den Zusammenhalt der Nation. Es seien genau diese dämonisierenden Verschwörungsprojektionen, gepaart mit der öffentlichen Verachtung, die Gewalt gegenüber Mitgliedern von Minderheiten hervorrufen könne, so der Professor.

Die komplexe Rolle der Schule bestünde darin, faire und unvoreingenommene Informationen über verschiedene Religionen und Weltanschauungen zu vermitteln und gleichzeitig die zwischenmenschliche Kommunikation unter den Vertretern der verschiedenen Gruppen zu ermöglichen, um die Vorurteile im persönlichen Gespräch abzubauen.

Religiöse Symbole in öffentlichen Schulen
Passende Lösungen für Konflikte über religiöse Symbole in öffentlichen Schulen zu finden, sei keine einfache Aufgabe, unterstrich der Sonderbotschafter, zumal es keine allgemeine Vorlage gebe, die in einfacher Weise auf alle Situationen anzuwenden sei. Es gebe aber gute Gründe, grundsätzlich von der Annahme auszugehen, dass der Schüler das Recht habe, religiöse Symbole in der Schule zu tragen. „Das Recht der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit schliesst auch die Freiheit mit ein, die eigene Religion oder Weltanschauung in der Lehre, im Gottesdienst und im Alltag auszuleben. Es kann keine Frage sein, dass das Einhalten und Praktizieren der eigenen Religion oder Weltanschauung auch das Tragen charakteristischer Kleider oder Kopfbedeckung, in Übereinstimmung mit dem eigenen Glauben, beinhaltet“, unterstrich der Menschenrechtsexperte.

Einschränkungen dieses Rechts müssten gesetzlich geregelt sein und dem Schutz der „öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit, Moral oder der fundamentalen Rechte und Freiheiten anderer dienen.“

Unterricht über Religionen
Es gelte in der Schule zwischen der Information über Religionen und religiöser Unterweisung zu unterscheiden, heisst es im Bericht. Information über Religionen diene dazu, das Wissen der Schüler über verschiedene Religionen zu erweitern. Die religiöse Unterweisung habe hingegen die Aufgabe, die Schüler mit ihrer eigenen religiösen Tradition, den Normen, der Lehre sowie der Praxis vertraut zu machen. Information über Religionen sei ein wesentlicher Bestandteil des Lehrauftrages, so Bielefeld.

Bei der religiösen Unterweisung in öffentlichen Schulen müsste hingegen sichergestellt werden, dass die religiösen Minderheiten oder Weltanschauungsminderheiten geschützt würden, indem sie nicht an der religiösen Unterweisung teilnehmen müssten. Wichtig sei auch, dass das Erreichen dieser temporären Unterrichtsdispense nicht mit enormem bürokratischem Aufwand und in keiner Weise mit offensichtlicher oder versteckter Strafe verbunden sei.

Der UN-Menschenrechtsrat wurde 2006 gegründet und ist die Nachfolgeorganisation der UN-Menschenrechtskommission. Nach dem Ausschluss Libyens, am 1. März 2011, gehören dem Rat aktuell noch 46 Mitgliedländer an. Der Menschenrechtsrat hat sich zur Aufgabe gestellt, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen. Im UN-Menschenrechtsrat soll die Konfrontation durch Respekt, gegenseitiges Verständnis und Dialog zwischen den beteiligten Akteuren ersetzt werden.

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