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Rückkehr-Ökumene“ kein realistisches Modell der Einheit

Mannheim/Deutschland | 18.05.2012 | APD | International

„In der Reihe „Ökumenische Dispute auf der Couch“ wird während des Mannheimer Katholikentags eine neue Veranstaltungsform praktiziert. Zwei Konfessionen sagen, wo sie stehen, und eine dritte stellt dazu kritische Rückfragen. Zum Thema „Versöhnte Verschiedenheit oder Rückkehr-Ökumene?“ führten den Disput die anglikanische Pfarrerin Jennifer Adams-Massmann (Frankfurt/Main) und der Würzburger römisch-katholische Theologe Professor Dr. Wolfgang Klausnitzer, während der evangelische Pfarrer Jörg Bickelhaupt (Frankfurt/Main) Rückfragen stellte.

Die von Papst Benedikt XVI. am 9. November 2009 erlassene Apostolische Konstitution „Anglicanorum coetibus“ regelt die Einrichtung von Personalordinariaten für zur römisch-katholischen Kirche übertretende Anglikaner. Dadurch sei es, so Pfarrerin Adams-Massmann, den Konvertierenden möglich, ihr besonderes anglikanisches Erbe innerhalb der katholischen Kirche zu wahren. Die liturgischen Bücher der anglikanischen Kirche dürften weiter benutzt und nach ihnen Eucharistie und andere Sakramente gefeiert werden. Bereits verheiratete anglikanische Diakone und Priester unterlägen nicht dem Zölibat und könnten in den Personalordinariaten amtieren. Nur verheiratete Bischöfe dürften ihr Amt in dieser Form nicht mehr ausüben. Dem Papst sei es aber möglich, ihnen die Leitung eines Personalordinariats als Priester zu übertragen. Bedingung wäre jedoch, dass jeder übertretende Anglikaner, ob Geistlicher oder Laie, den katholischen Katechismus als Bekenntnis des Glaubens akzeptiere.

Jennifer Adams-Massmann schilderte, dass es bei den weltweit rund 80 Millionen Anglikanern mit ihren 44 Einzelkirchen gegenwärtig grosse Spannungen wegen der Zulassung von Frauen zu den Weihen als Geistliche und der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare gebe. Innerhalb der Anglikaner existierten verschiedene Frömmigkeitsformen, von evangelikal bis hochkirchlich. Gerade beim hochkirchlichen Flügel gebe es viele Ähnlichkeiten im Gottesdienst und in der Frömmigkeit mit der römisch-katholischen Kirche. Daher kämen anglikanische Gruppen, die einen Übertritt in die katholische Kirche anstrebten, aus dem hochkirchlichen Flügel. Die päpstliche Konstitution habe das Verhältnis der Anglikanischen Kirche zu Rom bisher nicht belastet, sondern werde als „gute Geste“ für Anglikaner angesehen, die übertreten wollten, so die Pfarrerin.

Der katholische Theologe Wolfgang Klausnitzer wies darauf hin, dass es zahlenmässig nicht viele Anglikaner gebe, die konvertieren wollten. In England sei die Rede von 1.200 Mitgliedern sowie 60 Priestern und Diakonen. Dem Papst ginge es nicht um die Spaltung der Anglikanischen Kirche, indem er eine neue mit Rom unierte Kirche schaffe. Die Übergetretenen sollten stattdessen Teil der römisch-katholischen Kirche werden. Doch ob es wirklich zu den Personalordinariaten komme, müsse abgewartet werden. Die Apostolische Konstitution sei aufgrund einer besonderen Situation erlassen worden und würdige das anglikanische Erbe.

Die „Rückkehr-Ökumene“, nämlich die Rückkehr der übrigen christlichen Kirchen in die katholische Kirche, sei für Klausnitzer kein realistisches Modell der Einheit. Sie wäre in den offiziellen Gesprächen, die Rom mit anderen Konfessionen geführt habe, auch nicht gefordert worden. Anderseits sei für ihn die „versöhnte Verschiedenheit“, indem sich die Kirchen gegenseitig „so wie sie sind“ als Kirche anerkennen, ein „schwieriges, nicht konsensfähiges Modell“. Zwar könne keiner vom anderen erwarten, dass er seine Glaubensüberzeugung aufgebe, doch jeder könne vom anderen lernen und dabei verdeckte Wahrheiten der eigenen Kirche bei den anderen neu entdecken. Deshalb sollte man es mit „lernen von anderen“ versuchen.

Pfarrer Jörg Bickelhaupt gab zu bedenken, dass die Erklärung des Papstes im Jahr 2009 innerhalb der evangelischen Kirchen sehr kritisch diskutiert worden sei. Die Reaktionen hätten den Bogen gespannt von „Jetzt wissen wir, wie Rom sich Einheit vorstellt!“, bis „Was würde Rom dazu sagen, wenn wir genauso handeln würden?“. Bickelhaupt stellte fest, dass ethische Fragen einen „neuen Sprengsatz“ in der Ökumene bildeten. Kirchengemeinschaft sei jedoch nicht gegen andere Kirchen, sondern nur mit ihnen möglich. Deshalb müssten die Kirchen weiterhin aufeinander zugehen.

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