Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht

Berlin/Deutschland | 07.02.2013 | APD | International

Die Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) hat eine aktuelle Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. Sie vergleicht die Situation der Medien in 179 Staaten und Regionen bis Ende November 2012. Spitzenreiter sind Finnland, die Niederlande und Norwegen. Sie hätten sich als weltweit führend beim Schutz der Pressefreiheit behauptet. Dazu trügen liberale Regelungen über den Zugang zu Behördeninformationen sowie Schutz journalistischer Quellen bei. Am Ende der Rangliste stünden unverändert Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan, deren Diktaturen die Medien vollständig kontrollierten.

Deutschland und Schweiz
Deutschland nimmt weltweit mit Platz 17 weiter eine mittlere Position ein. Problematisch sei hier vor allem die abnehmende Vielfalt der Presse. Aus Geldmangel arbeiteten immer weniger Zeitungen mit eigener Vollredaktion, mehrere Redaktionen seien 2012 komplett geschlossen worden. Gleichzeitig gäben Unternehmen und PR-Agenturen immer mehr Geld aus, um ihre Inhalte in den Medien unterzubringen. Zudem gelangten Journalisten oft nur schwer an Informationen von Behörden. Mit Sorge habe ROG die Diskussionen um ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und Drohungen radikaler Gruppen gegen kritische Berichterstatter beobachtet. Positiv hervorzuheben wäre das neue Bundesgesetz vom August 2012, das Journalisten stärker vor Durchsuchungen schütze.

Die Schweiz steht mit Platz 14 zwar etwas besser da, als die Bundesrepublik. Sie verlor aber gegenüber dem Vorjahr sechs Ränge und befindet sich nicht mehr unter den Top Ten. Auch hier seien Medienkonzentration, Arbeitsbedingungen von Journalisten, Zugänglichkeit von Informationen bei Ämtern und Behörden sowie Einfluss von Lobbyisten und Rechtsvertretern auf Redaktionen bemängelt worden.

Europa
In Bulgarien (Platz 87) würden Journalisten immer wieder gezielt angegriffen oder mit dem Tod bedroht. Die Besorgnis über den schwindenden Pluralismus der Printmedien nehme zu. In Griechenland (Platz 84) seien Journalisten immer häufiger von extremistischen Gruppen und der Polizei angegriffen worden. Ungarn rutschte von Platz 40 auf Rang 56 ab, da die Regierung durch neue Gesetze übermässigen Einfluss auf die Arbeit der Medien nehme. Frankreich nimmt lediglich Platz 38 ein. Der Schutz journalistischer Quellen und die Möglichkeiten von Journalisten, über einflussreiche regierungsnahe Personen zu berichten, seien dort nicht ausreichend gewährleistet. In Italien (Platz 57) lebten etwa ein Dutzend Journalisten unter Polizeischutz. Grossbritannien sei nicht nur durch die Abhör- und Korruptionsaffäre um das Murdoch-Blatt „News of the World“ von Platz 28 auf Rang 29 abgerutscht. Auch der Umgang mit dem Persönlichkeitsrecht und die Reaktion auf die Unruhen in London wirkten sich negativ auf die Pressefreiheit aus. Trotz internationaler Ablehnung halte das Land zudem an einem Gesetz fest, das es Klägern aus aller Welt gestatte, vor britischen Gerichten gegen Nachrichtenmedien vorzugehen.

In der Türkei (Platz 154) sässen seit dem Ende des Militärregimes 1983 nie so viele Journalisten im Gefängnis wie heute. In Russland (Platz 148) habe die Staatsspitze die Berichterstattung über Grossdemonstrationen gegen die umstrittene Wiederwahl Wladimir Putins behindert. In überraschender Eile sei im Sommer die Gesetzgebung zur Verleumdung verschärft worden. In der Ukraine (Platz 126), die im Januar den Vorsitz der OSZE übernommen hat, wäre die Gewalt gegen Journalisten 2012 deutlich gestiegen, wobei Übergriffe selten verfolgt würden.

Asien
Der Iran halte sich mit Platz 174 unter den am schlechtesten platzierten Ländern. Geheimdienst und Revolutionswächter kontrollierten die gesamte Medienlandschaft, und das Land gehöre zu den fünf grössten Gefängnissen für Journalisten. Immer häufiger drangsaliere das Regime die Familien iranischer Journalisten, die im Ausland oder für ausländische Medien arbeiteten. In China (Platz 173) und Vietnam (Platz 172), wo der Staat die Medien streng kontrolliere, würden besonders Blogger und Internet-Aktivisten verfolgt. In China sässen fast 70 Blogger im Gefängnis. In Vietnam seien es mehr als 30. Ebenfalls am Ende der Rangliste stehe Nordkorea (Platz 178) und Laos (Platz 168), deren autoritäre Regime keine unabhängige Berichterstattung zuliessen. Eines der gefährlichsten Länder weltweit für Journalisten bleibe Pakistan (Platz 159), zehn Journalisten seien dort im vergangenen Jahr getötet worden. Auch in Indien (Platz 140) und Bangladesch (Platz 144) habe sich die Situation verschlechtert. Gewalt gegen Journalisten werde dort nur selten verfolgt.

Afrika
Somalia (Platz 175) sei 2012 nach Syrien (Platz 176) das gefährlichste Land für Journalisten gewesen. Drohungen, Anschläge und Morde wären dort an der Tagesordnung. Im Sudan (Platz 170) gebe es keine unabhängigen Medien. Auch 2012 seien Zeitungen beschlagnahmt und Journalisten verhaftet worden. Auch in Gambia (Platz 152), Swasiland (155), Ruanda (161) und Äquatorialguinea (166) hielten autoritäre Staatschefs die Medien unter strikter Kontrolle. Der Südsudan (Platz 124) habe im Jahr nach seiner Staatsgründung enttäuscht. Während die von der Regierung angekündigten Mediengesetze auf sich warten liessen, sei dort bereits ein Kolumnist ermordet worden.

Amerika
Die USA verbesserten sich um 15 Positionen auf Platz 32 und näherten sich damit wieder ihrem Rang vor 2011 an, als die Polizei die Berichterstattung über die Occupy-Proteste behindert habe. Auch Chile (Platz 60) habe nach dem Abflauen von Studentenprotesten einen Teil seines Vorjahreseinbruchs in der Rangliste wettgemacht, obwohl Medienkonzentration, politische Einflussnahme und Kriminalisierung dort weiterhin die Arbeit von Journalisten behinderten. Kanada rutschte um zehn Plätze auf Rang 20 ab, da dort während Studentenprotesten die Arbeit von Journalisten behindert worden sei und der Quellenschutz sowie die persönlichen Daten von Internetnutzern in Gefahr wären.

In Paraguay (Rang 91) sei die Amtsenthebung von Präsident Fernando Lugo von einer Entlassungswelle in den staatlichen Medien und häufiger Zensur begleitet worden. In Mexiko (Rang 153) und Kolumbien (Rang 129) kennzeichneten weiterhin Gewalt die Lage. Zu den Lichtblicken des Kontinents gehöre El Salvador (Rang 38), dessen Behörden mehrfach ihren Willen demonstriert hätten, Gewaltverbrechen gegen Journalisten zügig aufklären und zu bestrafen.

Die ROG-Rangliste der Pressefreiheit ist im Internet unter http://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/rte/docs/2013/130128_Rangliste_Deutsch.pdf zu finden.

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