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Deutsche Adventisten wollen Strukturreform voranbringen

Freudenstadt u. Lüneburg/Deutschland | 16.12.2013 | APD | International

Der am 3. Dezember in Freudenstadt/Schwarzwald tagende Ausschuss der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten hat mit 39 Ja- und vier Neinstimmen bei drei Enthaltungen beschlossen, die Einrichtungen einer einzigen Freikirchenleitung in Deutschland, „Verband“ genannt, zu befürworten. Ob es dazu kommen wird, entscheiden die im Jahr 2017 stattfindenden Delegiertentagungen der beiden deutschen Verbände. Bisher gibt es in der Bundesrepublik mit dem Norddeutschen Verband in Hannover und dem Süddeutschen Verband in Ostfildern bei Stuttgart zwei derartige Kirchenleitungen. Der Ausschuss der Freikirche in Deutschland setzt sich aus den beiden Verbandsausschüssen zusammen, wobei sich im Vorsitz die Präsidenten der beiden Verbände abwechseln.

Bereits in den 1980er Jahren gab es Überlegungen, den damaligen Westdeutschen mit dem Süddeutschen Verband zusammenzulegen. Dazu kam es jedoch nicht. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands vereinigten sich 1992 der Westdeutsche mit dem Ostdeutschen Verband (Berlin) zum Norddeutschen Verband mit Sitz in Hannover. Seither kam es immer wieder zu Diskussionen um eine Strukturreform mit einer einzigen Freikirchenleitung in Deutschland.

Nord- und Süddeutscher Verband der Adventisten
In der Bundesrepublik gibt es 34.982 erwachsen getaufte Siebenten-Tags-Adventisten in 563 Kirchengemeinden. Der Norddeutsche Verband umfasst 19.582 Adventisten mit 343 Gemeinden, der Süddeutsche Verband 15.400 Adventisten und 220 Gemeinden. Zum Norddeutschen Verband gehören die untergeordneten regionalen Kirchenleitungen, „Vereinigungen“ genannt: Hansa (Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern) in Hamburg, Berlin-Mitteldeutschland (Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) in Berlin, Niedersachsen-Bremen in Hannover sowie Nordrhein-Westfalen in Wuppertal. Zum Süddeutschen Verband gehören die Vereinigungen Mittelrhein (Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland) in Darmstadt, Baden-Württemberg in Stuttgart sowie Bayern in München.

Theologische Differenzen als Hinderungsgrund für einheitliche Struktur?
Laut Pastor Elí Diez (Lüneburg), Chefredakteur der Freikirchenzeitschrift „Adventisten heute“, seien in den letzten Jahren immer häufiger theologische Differenzen als Hinderungsgrund für eine Einheit in der Struktur genannt worden. Die zunehmende Offenheit während der letzten Monate mache es nun aber möglich, diese Bedenken offen auszusprechen. Eine Erhebung unter den Verantwortungsträgern der Freikirche, wie Vereinigungs- und Verbandsdienststellen, Kirchengemeinden und Institutionen, hätte jetzt Ergebnisse zutage gebracht, die eine quantitative wie auch qualitative Auswertung ermöglichten.

Sehr eindeutig gehe aus der Erhebung hervor, dass die Mehrheit der Befragten (rund 86 Prozent) die vorhandenen Spannungen auf theologische Unterschiede zurückführten. Weniger eindeutig sei die Einschätzung, ob es sich bei den Unterschieden um Rand- oder Kernfragen des Glaubens handele. Mehrheitlich würden die theologisch unterschiedlichen Sichtweisen dem Lebensstil zugeordnet.

Inhaltlich liessen sich die theologischen Unterschiede, so Diez, in sechs Schwerpunktthemen zusammenfassen, und zwar in dieser Reihenfolge: Hermeneutik (die Auslegung der Heiligen Schrift), adventistische Identität, biblische Prophetie, die Rolle der Mitbegründerin der Freikirche Ellen G. White, das Verständnis der Rechtfertigung des Menschen durch den Glauben an Jesus und als weiterer Schwerpunkt der Lebensstil. Hinzu kämen Themen, wie Musik im Gottesdienst, der Schöpfungsbericht der Bibel und die Ökumene.

Im Laufe der Beratungen in Freudenstadt sei laut Diez mehrfach die Bereitschaft bekräftigt worden, offen, auf verschiedenen Ebenen und in einem Klima der gegenseitigen Achtung und Wertschätzung die Gespräche über diese Themen fortzuführen. Dabei gelte es zu untersuchen, ob eine Einheit in der Struktur erst nach einer Einigung in der Theologie möglich sein werde, oder ob nicht eine Strukturreform den Prozess zu einer besseren Verständigung in theologischen Fragen begünstigen und fördern könne. Auch gelte zu prüfen, ob das Veranstalten von Symposien und Bibelstudientagen, Gemeindeakademien und Bibelkonferenzen, wie in der Vergangenheit geschehen, „uns wirklich näher bringen“. Eine andere Möglichkeit wäre, ob man sich darauf einigen könnte, die für die Freikirche weltweit geltenden 28 Artikel der „Glaubensüberzeugungen der Siebenten-Tags-Adventisten“ als ausreichende Basis für einen fruchtbaren und zielführenden innerkirchlichen Dialog zu betrachten.

Voraussetzungen für Strukturreform schaffen
„Die Mitglieder des in Freudenstadt tagenden Ausschusses der Freikirche haben mit einer hohen Sozialkompetenz und Respekt vor der Meinung des Anderen diese Diskussion geführt“, stellten die Präsidenten des Nord- und Süddeutschen Verbandes, die Pastoren Johannes Naether (Hannover) und Günther Machel (Ostfildern), fest. Um den zuständigen Gremien eine angemessene Entscheidungsgrundlage für die während der Delegiertentagungen im Jahr 2017 zu fassenden Beschlüsse zur Verfügung stellen zu können, sollten bis dahin entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden.

Dabei gehe es, so die Präsidenten, um die Anpassung der Verwaltungs- und Arbeitsstruktur der Freikirche in Deutschland an die internationale Ebene der adventistischen Weltkirchenleitung. Schaffung eines bundesweiten zentralen Sekretariats und einer gemeinsamen Finanzverwaltung samt einheitlicher Verwaltungssoftware. Bundesweite Zusammenarbeit aller Abteilungen und Verwaltungsebenen der beiden Verbände. Auseinandersetzung der Mitglieder des Ausschusses der Freikirche in Deutschland mit der Frage des Zusammenhangs zwischen „Struktur“ und „Theologie“ mit der Möglichkeit der Diskussion theologischer Fragestellungen. Schaffung von Möglichkeiten der Informationsvermittlung und Einbeziehung der örtlichen Kirchengemeinden zu Fragen der Struktur. Erarbeitung einer Kommunikationsstrategie zur Bewusstmachung des Zieles einer „Einheit“. Benennung eines Koordinators für den gesamten Prozess der strukturellen Fragen und von Verantwortlichen für ein zentrales Sekretariat sowie eine gemeinsame Finanzverwaltung.

Pastor Bruno Vertallier (Bern), Präsident der übergeordneten Intereuropäischen Kirchenleitung der Adventisten in West- und Südeuropa, betonte: „Wir sind offen, dies gemeinsam mit den beiden deutschen Verbänden zu erarbeiten. Wir müssen zuhören, was die Minderheiten sagen. Wir machen mit.“

Der in Freudenstadt tagende Ausschuss beschloss zudem, dass die Leiterin der Abteilung Frauen des Süddeutschen Verbandes, Angelika Pfaller, ihre Aufgabe auch für den Norddeutschen Verband übernimmt. Sie ist damit die erste gesamtdeutsche Abteilungsleiterin der Adventisten.

Auf Deutschlandebene arbeiten seit 1992 auch die Presse- und Informationsstelle, die Zentralstelle für Apologetik sowie die Referate für zwischenkirchliche Beziehungen und Kriegsdienstverweigerung der Freikirche. Auch die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe (ADRA), das Advent-Wohlfahrtswerk (AWW), der Deutsche Verein für Gesundheitspflege (DVG) und die Deutsche Vereinigung für Religionsfreiheit (DVR) wirken für beide Verbände.

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