Symbolischer Händedruck. v.l.n.r.: H. Teubert, I. Suarez Jr,, J. Hartlapp, W. Kang, A. Di Franca © Foto: Dietmar Eissner

Kriegsdienstverweigerung aus Sicht der Reformadventisten - Wissenschaftliches Symposium der Theologischen Hochschule Friedensau

Friedensau bei Magdeburg/Deutschland | 23.05.2014 | APD | International

Pastor Dr. Idel Suarez Jr. (Cedartown, Georgia/USA), Präsident der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) der „Internationalen Missionsgesellschaft der Siebenten-Tags-Adventisten Reformationsbewegung“ (IMG), dankte, dass bei dem von der Theologischen Hochschule der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Friedensau durchgeführten Symposium über den Ersten Weltkrieg auch Vertreter der IMG zwei Referate halten konnten. Die Reformationsbewegung ging im Ersten Weltkrieg aufgrund heftiger Auseinandersetzungen in Deutschland aus der Freikirche hervor.

Der Erste Weltkrieg spaltet Adventisten
Suarez legte dar, dass das Rundschreiben der adventistischen Freikirchenleitung vom 2. August 1914 mit der Aufforderung an ihre wehrpflichtigen Mitglieder, als Soldaten für Volk und Vaterland zu kämpfen, und das auch am biblischen Ruhetag (Sabbat/Samstag), dem Verhalten der Adventisten im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) widersprochen habe. Diese wären damals Nichtkämpfer gewesen. Auch Jesus hätte sich gegen Waffengewalt gewandt, indem er dem Petrus befahl, sein Schwert wegzustecken, „denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen“ (Matthäus 26,52). So wie Luther wegen seiner Glaubensüberzeugung exkommuniziert worden sei, habe man im Ersten Weltkrieg auch die späteren Mitglieder der Reformationsbewegung wegen ihrer Haltung zum Kriegsdienst und zur Heilighaltung des Sabbats aus ihren Gemeinden ausgeschlossen. Manche von ihnen wären sogar von adventistischen Predigern bei den Behörden angezeigt worden.

Suarez betonte, dass Johann Wieck, der meinte, Jesus käme im Frühjahr 1915 wieder, kein Mitglied der Reformationsbewegung gewesen sei. So wie es in der Reformationszeit Fanatiker gegeben habe, hätten sich auch die Reformadventisten von Fanatikern abgrenzen müssen.

Pastor Dr. Woonsan Kang (Cedartown, Georgia/USA), Zweiter Sekretär der Generalkonferenz der IMG, stellte in seinem Referat die Haltung der Reformationsbewegung zu Pazifismus, Gewaltverzicht und Kriegsdienstverweigerung dar. Er betonte, dass christliche Kriegsdienstverweigerer aufgrund der Bibel Pazifisten seien, die jegliche Teilhabe an einem Krieg und an militärischen Diensten ablehnten. So wie die frühen Christen jeglichen Militärdienst abgelehnt und wegen ihrer pazifistischen Haltung den Märtyrertod erlitten hätten, müsse auch die Reformationsbewegung Gott mehr gehorchen als dem Staat, selbst wenn das mit Leid verbunden sei. Kang forderte die Leiter und Mitglieder der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten auf, ihre Haltung zum Militärdienst im Hinblick auf Gewaltlosigkeit und Pazifismus zu überdenken.

Auch wer waffenlosen Militärdienst leistet, wird ausgeschlossen
In der anschliessenden Aussprache stellte der frühere Generalkonferenzpräsident der IMG, Pastor Antonino Di Franca (Italien), klar, dass die Reformationsbewegung jeden militärischen Dienst, auch den waffenlosen, ablehne. Sollte ein wehrpflichtiger Reformadventist der Einberufung zur Armee Folge leisten, und sei es als waffenloser Sanitäter, dann würde er ermahnt. Erfolge keine Verhaltensänderung, werde er von seiner Ortsgemeinde ausgeschlossen. Auf die Frage nach dem Verhältnis zur Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, meinte Di Franca, dass die IMG die Freikirche heute nicht mehr als „Babylon“ bezeichnen würde, das von den Mitgliedern verlassen werden müsste.

Dank für die Erklärung der adventistischen Freikirche zum Ersten Weltkrieg
Professor Dr. Rolf Pöhler, Leiter des „Instituts für adventistische Geschichte und Theologie“ der Theologischen Hochschule Friedensau, welches das Symposium vom 12. bis 15. Mai durchführte, verlas die „Erklärung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren“. Darin entschuldigt sich die Freikirche bei den „Kindern und Nachkommen“ der damaligen Reformadventisten sowie den beiden heute existierenden Gruppen der Reformationsbewegung für ihr „Versagen“ im Krieg: „Wir haben aus unserer leid- und schmerzvollen Geschichte gelernt, dass Kinder Gottes berufen sind, Menschen des Friedens zu sein und jede Form von Gewaltanwendung gegenüber Unschuldigen abzulehnen.“

Pastor Idel Suarez dankte der deutschen Freikirchenleitung ausdrücklich für die Erklärung. Es kam zu einem symbolischen Händedruck zwischen Suarez, Kang und Di Franca mit den beiden Verfassern der Erklärung, Dr. Johannes Hartlapp, Dekan des Fachbereichs Theologie der Theologischen Hochschule Friedensau, und Pastor Holger Teubert (Ostfildern bei Stuttgart), Leiter des Referats Kriegsdienstverweigerung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland.

Laut Pastor Francesco Domenico Caputo, Direktor der Internationalen Missionsgesellschaft der Siebenten-Tags-Adventisten Reformationsbewegung (IMG) in Europa, sei die IMG in rund 120 Ländern mit etwa 31.000 erwachsen getauften Mitgliedern vertreten. In Europa wären es 1.500 und in Deutschland 350. Wie Pastor Gustavo Castellanos, Vorsteher der Deutschen Union der IMG, mitteilte, hätten insgesamt 15 Mitglieder der IMG an dem Symposium in Friedensau teilgenommen. 1951 habe sich die Reformationsbewegung weltweit gespalten, sodass es nach Teubert neben der IMG auch die „Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten Reformationsbewegung“ (STAR) gebe. Diese habe weltweit auch etwa 30.000 Mitglieder, in Deutschland seien es 200. Die STAR sei, so Teubert, ebenfalls auf das Symposium aufmerksam gemacht worden, habe aber leider niemand dazu entsandt.

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