Missionieren ist ein Menschenrecht

Madrid, Spanien | 16.06.1999 | APD | International

Wer andere Menschen von seinen Glaubensansichten überzeugen will, wird oft als Proselytenmacher verschrien oder muss in gewissen Ländern sogar mit Verfolgung rechnen. Das Recht, seine eigenen religiösen Ansichten zu verbreiten, gehöre jedoch zur Religions- und Glaubensfreiheit, stellten die Experten fest, die vom 13.-16. Mai an einer internationalen Tagung über "Proselytismus und Religionsfreiheit" in San Lorenzo de El Escorial (Madrid) teilgenommen haben. An der Konferenz nahm auch die UNESCO teil.

In den vergangenen Jahren habe die Frage des Proselytismus die ökumenischen und interreligiösen Beziehungen zunehmend belastet, schreibt die Internationale Vereinigung für Religionsfreiheit (IRLA), welche die Tagung veranstaltete. Besonders durch die ambivalente und meist negative Wertung des Begriffs "Proselytismus" bestehe heute eine verworrene und schwierige Situation. Die 25 Experten aus dreizehn Ländern waren sich darüber einig, dass der Begriff des Proselytismus von seinem üblichen negativen Beigeschmack zu befreien sei. "Religionsfreiheit bedeutet freie Wahl und freie Wahl braucht Pluralismus und Meinungsäusserungsfreiheit", sagte dazu John Graz, Generalsekretär der IRLA.

Zur Konferenz lud das Justizministerium der Spanischen Regierung ein. Die Regierung begrüsse den Beitrag der Kommission zur Weiterentwicklung der Religionsfreiheit im Land, sagte Alberto de la Hera, Generaldirektor für religiöse Angelegenheiten im Justizministerium, in seiner Eröffnungsrede. Das Gastgeberland bemühte sich offensichtlich, eine konstruktive Gesprächsatmosphäre zu schaffen. Im Vorfeld der Konferenz hatte sich de la Hera in Gesprächen mit Menschenrechtsorganisationen in den USA und amerikanischen Regierungsvertretern getroffen. Dabei hat er auch zugegeben, dass das Konzept der Religionsfreiheit in der Gesellschaft Spaniens noch ungenügend verankert sei.

Die Tagungsteilnehmer diskutierten über internationale Regelungen und ethische Grundsätze. Um interreligiösen Konflikten vorzubeugen, müssten vermehrte Kontakte zwischen den Glaubensgemeinschaften stattfinden, forderten die Experten. Konkrete Vorschläge legte die IRLA in ihrem Abschlusskommuniqué zur Tagung nicht vor. Dagegen wollen die Experten in den nächsten sechs Monaten ein Dokument mit Grundsatzfragen erarbeiten, welches die wichtigsten Anliegen im Zusammenhang mit Proselytismus, Evangelisation und interreligiösem Dialog behandeln soll. Während einer Folgekonferenz im Januar 2000 soll dieses Dokument beraten und mit konkreten Empfehlungen versehen an verschiedene religiöse Organisationen, an die UNO-Menschenrechtskommission und an die Regierungen weitergeleitet werden. Die Konferenzteilnehmer kamen aus den Ländern Argentinien, Chile, Deutschland, Frankreich, Israel, Italien, Kolumbien, Norwegen, Russland, Schweiz, Senegal, Spanien und USA.

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